Emotionen regulieren lernen in der Beziehung
Gerade war noch alles gut, du hast mit deinem Partner einen gemütlichen Abend mit gemeinsamem Kochen geplant, doch auf einmal ist die Stimmung ruiniert. Ein Kommentar deines Partners, und auf einmal merkst du, wie sich dein Bauch zusammenzieht und du wütend wirst. Auf einmal befindet ihr euch mitten in einem großen Streit. Wie konnte das denn so schnell passieren?“, fragst du dich vielleicht. Und: „Wie komme ich hier schnell wieder raus?“
In diesem Artikel erkläre ich dir, wie du deine Gefühle regulieren kannst in Konflikten. Dafür erkläre ich dir, was passiert, wenn du getriggert wirst. Dann erkläre ich dir in einfachen Schritten, wie du mit der Wellenbrecher-Methode aus Konflikten aussteigen, deine Gefühle verarbeiten, und zu einem Gespräch zurückkehren kannst. So kannst du getriggerte Momente nutzen, um mehr über dich und deine Beziehung zu lernen!
Woher kommen die Gefühle? Trigger aktivieren den Gefahrenmodus deines Gehirns
Jeder Mensch hat emotionale Knöpfe, und wenn diese gedrückt werden, dann reagierst du mit einer Emotion, wie z.B. Wut, Traurigkeit, etc. Wenn du mehr über Trigger und wie du damit in Beziehungen umgehen kannst, lernen möchtest, dann lese auch gerne meinen Blogartikel über Trigger hier.
Wenn ein Kommentar deines Partners für dich wie ein Trigger wirkt, dann registriert dein Gehirn diesen Kommentar als Gefahr. Als Reaktion darauf versetzt sich dein Gehirn in den Flucht-, Angriffs- oder Erstarr-Modus ("flight, fight or freeze"). Kurzum, auf Ebene deines Gehirns geht es ums Überleben. Wenn diese Reaktion in Gang gesetzt wird, dann wird es dir sehr schwerfallen, deinem Partner Verständnis zu zeigen und zuzuhören. Wenn du nicht lernst, daraus auszusteigen, dann wird eure Diskussion wahrscheinlich weiter eskalieren, ohne zu einer Lösung zu kommen.
Daher ist es wichtig, dass du lernst, wie du und ihr als Paar mit diesen Reaktionen umgehen könnt.
Wieso soll ich lernen, meine Gefühle in Konflikten zu regulieren?
Vielleicht fragst du dich, welche Vorteile du dir erwarten kannst, wenn du lernst, mit deinen Gefühlen in Konflikten anders umzugehen. Hier aufgelistet sind Ergebnisse, die ich an meinen Klienten beobachtet habe. Du kannst diese Ergebnisse erwarten, wenn du regelmäßig übst, anders mit Konflikten umzugehen:
- Schnellere Beilegung von Konflikten, weil sie direkt bearbeitet werden
- Höhere Beziehungszufriedenheit, weil Konflikte weniger destabilisieren – die Verletzungen schneller repariert werden, du schneller wieder an Verbundenheit zum Partner arbeiten kannst
- Gesteigerte Selbstwirksamkeit, weil du weißt, wie du aus Konflikten aussteigen kannst und deine Gefühle selbst regulieren kannst.

Gefühle regulieren lernen in Konflikten
Das kannst du vor Konfliktsituationen tun
Bespreche mit deinem Partner am besten, bevor Konflikte auftreten, wie ihr damit umgehen wollt. Diese Punkte können in einem Gespräch wichtig sein:
- Macht ein Safe-wort aus. Dieses Wort erinnert euch daran, dass ihr gerade in dem Streit feststeckt, und dass ihr so nicht weiterkommt. Mit diesem Wort habt ihr eine einfache Möglichkeit, euch daran zu erinnern, euch eine Pause zu nehmen.
- Besprecht in einer ruhigen Situation, dass diese Art des Konfliktes für eure Beziehung nicht gut ist. Besprecht, wieso eine Auszeit wichtig ist. Ihr könnt dabei überlegen, wie bisherige Diskussionen verlaufen sind, in denen ihr keine Auszeit genommen habt. Wie zufrieden wart ihr mit dem Ergebnis?
- Erkläre deinem Partner auch, dass es nicht darum geht, ihn zu bestrafen. Sondern lediglich darum, für euch beide möglichst schnell aus solchen Gesprächen auszusteigen.
Gefühle regulieren im Konflikt: Die Wellenbrecher Methode
Die Wellenbrecher-Methode gliedert sich in sechs Schritte. Diese Schritte sind: Bemerken – Atmen – Pause – Verarbeiten – Verstehen – Zurückkehren.
1. Bemerken deiner Reaktion
Der erste Schritt ist es, dass du dir bewusst machst, dass du gerade getriggert reagierst, also z.B. mit viel Wut, und dich dabei erwischt. Frage dich, woran du das merkst. Kannst du besonders deine körperliche Reaktion wahrnehmen? Oder ist es ein Gefühl, dass du bemerkst? Finde heraus, wie sich das für dich genau anfühlt. Schreibe dir dann auf, was für dich diese Warnzeichen sind und wie sich dein Körper dann anfühlt.
2. Pause machen - Atmen
Der nächste Schritt ist es, Pause zu machen. Denn dein Gehirn befindet sich im Gefahrenmodus und eine konstruktive Diskussion ist so nicht möglich. Daher musst du erst lernen, wie du aus diesem Gefahrenmodus herauskommst. Dafür kannst du zunächst ein paar Atemzüge nehmen.
3. Pause ankündigen & konkret sein
Dabei ist es wichtig, nicht einfach den Raum zu verlassen, sondern die Pause anzukündigen, sodass dein Partner Bescheid weiß. Es ist wichtig, dass du ungefähr sagst, wann du für ein Gespräch bereit bist, und von dir selbst sprichst, anstatt deinen Partner anzuklagen. Du kannst dabei zu deinem Partner etwas sagen wie „Ich merke, dass ich gerade sehr wütend/traurig bin. Ich brauche eine Pause, in einer halben Stunde können wir weitersprechen.“ Wenn du die Pause ruhig ankündigst, dann machst du es auch für einen Partner, der alles gleich klären will, einfacher. So kann die andere Person vielleicht eher verstehen, dass die Pause nicht als Bestrafung, sondern als wichtigen Schritt gedacht ist, um den Konflikt effektiv klären zu können.
4. Emotionen verarbeiten/Ablenken
Der dritte Schritt ist es, dir die Pause zu nehmen und etwas zu tun, was dich entspannt oder ablenkt. Es ist wichtig, dass du dich nicht mit dem Inhalt der Diskussion beschäftigst, sondern mit etwas anderem, z.B., indem du liest, oder einen Podcast hörst, einen Spaziergang oder Sport machst. Es kann für dich auch gut funktionieren, die Emotion aktiv zu bearbeiten. Auch Selbstmitgefühl ist eine gute Methode, um deine Emotionen aktiv zu bearbeiten, indem du dir selbst Mitgefühl und Verständnis zeigst. Dafür kannst du mit dir selbst einchecken, oder eine geführte Meditation machen. Wenn du mit dir selbst eincheckst, kannst du dich zum Beispiel fragen, wie genau sich die Emotion in deinem Körper anfühlt, was du wo spüren kannst, wo die Grenzen des Gefühls sind, ob sich dein Körper schwer anfühlt, etc.
5. Trigger verstehen
Überlege dir, was genau deine Reaktion so getriggert hat. Ist es ein Thema, das du schon gut von dir kennst? Was hat das bei dir ausgelöst? Was hast du interpretiert? Wenn du möchtest, kannst du darüber auch schreiben.
6. Zum Gespräch zurückkehren
Wenn du dich nicht mehr so wütend oder traurig fühlst, dann ist es der richtige Zeitpunkt, um zurück zu deinem Partner zu gehen und zu besprechen, was vorgefallen ist. Wie kannst du das tun? Grob gesagt, indem du davon sprichst, was für dich passiert ist, was du gefühlt hast und was du eigentlich gebraucht hättest. Zusätzlich kannst du hier noch mehr über Paarkommunikation lernen.
Praxisbeispiel: Wie meine Klienten aus ihren Triggern aussteigen lernen
Laura und Luis* sind zur Paarberatung gekommen, um aus ihren häufigen, hitzigen Konflikten auszusteigen. Sie sind oft in negative Spiralen geraten und Streits sind regelmäßig eskaliert, was beide sehr verletzt hat. In der Paarberatung haben wir die Wellenbrecher-Methode geübt. In der Woche darauf erzählt Laura folgendes: „Als ich im Gespräch mit Luis gemerkt habe, wie ich plötzlich sehr traurig wurde und weinen musste, habe ich das zunächst als getriggerte Reaktion erkannt. Ich habe drei tiefe Atemzüge genommen, und gesagt, dass ich eine kurze Pause brauche. Während der Pause habe ich eine Selbstmitgefühls-Meditation gemacht, um mir selbst gegenüber freundlich zu sein. Dann habe ich darüber nachgedacht, was mich getriggert hat, und es ist mir plötzlich klar geworden: Wenn Luis davon spricht, dass er Karten für den Kinoabend mit seinen Freunden reserviert hat, dann fühle ich mich klein und unwichtig. Ich kann dann hören, wie alte Verletzungen mit dem Tenor „du bist nicht wichtig“ aufkommen. Denn eigentlich hatten wir ausgemacht, den Abend zu zweit zu verbringen. Mit diesem Verständnis bin ich zurück zu Luis gegangen, und wir konnten in Ruhe darüber reden, wie es mir gegangen ist und wieso es für mich so wichtig ist, dass wir auch Zeit zu zweit verbringen. Er konnte das gut verstehen, und er konnte den Kinoabend mit seinen Freunden verschieben.“
Das kannst du nach der Situation tun, um deine Emotionen zu regulieren
Besprich mit deinem Partner, was für dich ein Trigger war, und wieso du so reagiert hast, wie du reagiert hast. Besprecht auch, wie ihr euch in dem Gespräch gefühlt habt, und ob ihr etwas ändern wollt oder zukünftig genauso Konfliktgespräche führen wollt.
Was tun, wenn dein Partner Schwierigkeiten hat, die Pause zu akzeptieren?
Es gibt Paare, in deinen einer in hitzigen Konflikten eine Pause braucht, der andere aber am liebsten alles sofort ausdiskutieren möchte. Was könnt ihr dann tun? Zunächst ist es wichtig, beide Bedürfnisse anzuerkennen.
Fragt euch dann:
- Nutzt einer von euch die Pause, um den anderen zu verletzen?
- Nutzt ihr die Pause in einer konstruktiven Weise, um euch näher zu kommen?
- Wieso ist die Pause schwierig für deinen Partner? Fühlt er sich womöglich abgewiesen oder alleingelassen?
- Wie könnt ihr beide Bedürfnisse vereinen? Wie kannst du deinen Partner in eurer Beziehung bestärken, wenn er sich z.B. abgewiesen fühlt?
- Wenn es für den Partner sehr schwierig ist, die Zeit der Pause zu ertragen, kann auch eine psychologische Beratung, um tiefer hinzuschauen, hilfreich sein.
Es ist auch wichtig, für die Pause eine Zeit auszumachen, und dich daran auch zu halten. So könnt ihr sicherstellen, dass der andere nicht das Gefühl hat, unnötig lange „auf die Folter gespannt zu werden“. Nach der Pause ist es dann auch wichtig, das Gespräch auch wirklich zu führen.
Das kannst du nach einer Konfliktsituation tun
Bespreche im Gespräch danach mit deinem Partner, was für euch passiert ist. Diese Fragen können euch helfen:
- Was habt ihr jeweils gefühlt?
- Was war euer Bedürfnis?
- Wie habt ihr das Verhalten des Partners interpretiert? Was sagt es über euch selbst aus? (z.B.: Wenn du zu spät kommst, denke ich, dass ich dir nicht wichtig bin).
- Wie habt ihr euch verhalten?
- Wie seid ihr mit dem Konflikt umgegangen?
- Wie zufrieden seid ihr damit, wie ihr mit dem Konflikt umgegangen seid?
Zusammenfassung zum Gefühle regulieren in Konflikten
Wenn du oft mit starken Gefühlen auf deinen Partner reagierst, dann kannst du an dieser Situation gemeinsam mit deinem Partner arbeiten. Dafür kannst du mit deinem Partner verschiedene Gespräche führen, um euch auf solche Situationen vorzubereiten. Die Wellenbrecher-Methode kann euch dabei helfen, in der Situation mit Emotionen besser umgehen zu lernen.
Möchtest du an deinem Umgang mit Triggern arbeiten?
Quellen:
Atkin, S. (2012). Wired for Love. How Understanding Your Partner's Brain and Attachment Style Can Help You Defuse Conflict and Build a Secure Relationship. New Harbinger Publications.