Heute möchte ich über gesunde Grenzen setzen in Beziehungen schreiben. Denn die Fähigkeit, gesunde Grenzen zu setzen, ist eng mit erfüllenden, gesunden Beziehungen verknüpft. Und diese Arten von Beziehung möchtest du auch bestimmt führen!

Denn das Gegenteil, nämlich ungesunde Grenzen, führen dazu, dass sich mindestens einer in der Beziehung nicht wohl fühlt. Hier ein paar Beispielsituationen, die zeigen, dass es wichtig ist, sich mit den eigenen Grenzen in Beziehungen zu beschäftigen.

Lisa kann nicht Nein sagen und alles, was ihr Partner machen möchte oder vorschlägt, nimmt sie an. Eigentlich würde sie lieber öfter zusammen mit ihrem Freund in Museen oder ins Theater gehen. Aber ihr Freund schlägt meist vor, gemeinsam einen Fernsehabend zu machen. Mit der Zeit wird Lisa immer frustrierter, weil sie ihren Wunsch nach kulturellen Veranstaltungen nicht mit ihrem Partner bespricht. Sie fühlt sich manchmal überrumpelt von ihrem Freund, der deutlich sagen kann, was er möchte. Außerdem ist sie unglücklich, so oft nachzugeben.

Annas Freund macht oft vor gemeinsamen Freunden Witze über ihre Schwächen oder kritisiert sie viel. Sie macht das wütend und traurig. Sie hat auch schon mehrmals mit ihrem Freund das Gespräch gesucht, woraufhin dieser sagt, er würde sich ändern. Aber nach einer kurzen Zeit vergisst er das und macht sich wieder über sie lustig.

In den Beispielen wird deutlich, wie sehr die Fähigkeit, Grenzen setzen zu können, mit dem Wohlbefinden in Beziehungen zusammenhängt.

Aber woher kommt es, dass Grenzen setzen in Beziehungen so schwierig ist?

Das hat viel damit zu tun, welche Annahmen und Überzeugungen du über dich selbst und andere verinnerlicht hast. Wenn du zum Beispiel davon überzeugt bist, dass du wenig wert bist, dann fällt es dir vielleicht schwer, für dich einzustehen und deine Bedürfnisse zu vertreten. Außerdem hängt es mit deinen Ängsten zusammen: Hast du große Angst davor, verlassen zu werden? Oder deinen Partner zu enttäuschen? Dann ist es dir vielleicht wichtiger, dass dein Partner zufrieden in der Beziehung ist, als du selbst. Du musst also beginnen, dich besser kennenzulernen, wenn du herausfinden möchtest, wieso es schwierig für dich ist.

Wie haben wir es gelernt, Grenzen zu setzen?

Die Fähigkeit, Grenzen setzten zu können, ist im Teil von der eigenen Familie beeinflusst. Denn du hast in deiner Kindheit gesehen, wie deine Eltern Grenzen setzen. Außerdem hast du gelernt, wie in deiner Familie mit Privatsphäre umgegangen wird, und wie deine Eltern als enge Bezugspersonen auf deine Grenzen reagiert haben. Was haben deine Eltern getan, wenn du die Tür in deinem Zimmer geschlossen hast? Durftest du eigene Freunde und private Gespräche haben?

Grenzen setzen Beziehung Kindheit

Wenn deine Eltern also zum Beispiel ohne zu fragen immer wieder in dein Zimmer gekommen sind, dein Tagebuch gelesen haben, oder deine Tante dich immer umarmt hat, obwohl du das eigentlich nicht gemocht hast, und deine Familie der Meinung war, dass das Verhalten deiner Tante total okay war, dann hast du dadurch von deiner Familie gelernt, dass deine Grenzen nicht beachtet werden [1].

Hast du aktuell Schwierigkeiten damit, Nein zu sagen oder gesunde Grenzen zu setzen? Dann ist es sinnvoll, in deine Vergangenheit zu schauen und zu verstehen, woher deine Schwierigkeiten kommen und wie deine Eltern mit Grenzen umgegangen sind.

Welche Arten von Grenzen gibt es?

Zunächst etwas zur Theorie von Grenzen: Man kann die Bereiche, in denen du Grenzen setzen kannst, grob einteilen in 

  • Emotionale Grenzen: Verantwortung für deine Gefühle, dich nicht für Gefühle von anderen verantwortlich fühlen, keine ungefragte Kritik oder Rat, Dinge nicht persönlich nehmen; 
  • Materielle Grenzen: der Umgang mit deinem Besitz, z.B. das Verleihen eines Buches, oder deine Möbel, Gegenstände.
  • Physische Grenzen: das beinhaltet deinen Körper, z.B. Umarmungen, aber auch deine Privatsphäre, z.B. wenn du im Bad bist und die Tür schließt;
  • Sexuelle Grenzen: Damit bestimmst du, wer dich wo, wie, wann sexuell anfasst.
  • Mentale Grenzen: Deine Meinungen, Werte, Überzeugungen;
  • Grenzen deiner Ressourcen: Deine Zeit und mit wem du wie viel deiner Zeit verbringst [2].

Außerdem kann man noch drei Arten von Grenzen unterscheiden [2]. Es gibt

  • Gesunde Grenzen: Hilfe annehmen können, Grenzen anderer akzeptieren, sich selbst und eigene Meinungen schätzen, selbstbestimmt entscheiden, wann und wie viel von persönlicher Information geteilt wird. Motto: Ich kommuniziere offen und fühle mich wohl, in Beziehungen abhängig zu sein.
  • Poröse Grenzen: Nicht nein sagen können, zu viel persönliche Informationen teilen, konfliktvermeidend, Schwierigkeiten anderer über sich selbst priorisieren, Motto: Mir geht es gut, wenn es anderen gut geht. 
  • Starre Grenzen: Schwierigkeit, nach Hilfe zu fragen, kühl sein, intime Beziehungen vermeiden, sich selbst isolieren. Motto: Ich brauche niemanden.
Grenzen setzen Beziehung

Wie merke ich, dass meine Grenzen überschnitten werden?

Grenzüberschreitungen merkt man oft durch ein schlechtes Gefühl. Meist ist das Wut, ein Druck, den man körperlich spüren kann, oder auch Traurigkeit. Es ist sehr wichtig, auf die Botschaften deines Körpers zu hören und deinen Gefühlen zu vertrauen [3]. Um deine Grenzwahrnehmung zu stärken, kannst du dich daher auch in Achtsamkeit trainieren. Das kann dir dabei helfen, deine Gefühle besser wahrzunehmen.

Wieso ist es überhaupt wichtig, Grenzen zu setzen?

Gesunde Grenzen helfen dir sehr dabei, die Beziehungen zu führen, die du dir wünschst. Grenzen helfen dir dabei bei verschiedenen Aspekten.

Deshalb ist es wichtig, gesunde Grenzen in Beziehungen zu setzen:

1. Grenzen sind wichtig, weil du dadurch deine Achtsamkeit schulst und dein Wohlbefinden und die Erfüllung deiner Bedürfnisse wahrscheinlicher machst.

Grenzen helfen dir dabei, dich sicher in Beziehungen zu fühlen. Dabei sprichst du klar aus, was dir nicht gut tut. Somit setzen du die Mindestanforderungen für dein Wohlbefinden und dein Sicherheitsgefühl. Das führt dazu, dass du dich in Beziehungen sicherer fühlst. Eine Studie konnte zeigen, dass ein Training zur Stärkung der eigenen Grenzen einen starken, positiven Einfluss auf das Setzen verschiedener persönlicher Grenzen hatte und außerdem auch die Achtsamkeit der Teilnehmenden erhöht hat. Es ist also lohnenswert, seine Aufmerksamkeit den eigenen Grenzen zuzuwenden und zu lernen, sie zu achten und zu schützen [4].

2. Wenn du lernst, Grenzen zu setzen, lernst du auch effektives kommunizieren.

Um zu kommunizieren, was du dir wünschst und was für dich nicht okay ist, musst du auch lernen, effektiv zu kommunizieren. Die beiden Fähigkeiten gehen miteinander einher! Lese auch diesen Blogpost zum Thema Effektive Kommunikation bei Paaren. Das ist deswegen toll, weil du gleich zwei wichtige, ähnliche Fähigkeiten erlernen kannst!

3. Dein Partner profitiert auch davon, wenn du Grenzen setzt.

In Beziehungen profitiert auch dein Partner davon, wenn du gesunde Grenzen setzt. Denn dein Partner hat ein Interesse daran, dass du auf dich achtest, und dich wohl und sicher mit ihm/ihr fühlst. Das kannst du nur garantieren, wenn du lernst, gesunde Grenzen zu setzen.

4. Grenzen setzen hilft dir dabei, die richtigen Partner/innen auszusuchen.

Es ist hilfreich für dich, deine Grenzen gleich von Anfang an im Dating oder der entstehenden Beziehung zu kommunizieren. Denn wenn du jemand Neues kennenlernst, gibt es viele Menschen mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen. Du passt aber natürlich nicht zu allen von ihnen! Daher kannst du deine Grenzen zusammen mit deinen Bedürfnissen als Filter sehen, um Partner auszufiltern, die mit deinen Bedürfnissen und Grenzen kompatibel sind. So kannst du zum Beispiel eine Grenze setzen, indem du sagst, dass dir Pünktlichkeit sehr wichtig ist. Lernst du jemanden kennen, der wiederholt zu spät kommt und nach einem offenen Gespräch deine Grenze wiederholt nicht respektiert, so ist das nicht der richtige Partner für dich. Besser, das früher zu wissen!

5. Grenzen können ein Instruktionsmanual für dich sein.

Wenn du eine Veranstaltung buchst, oder ein Produkt kaufst, dann informierst du dich meist davor gut darüber. Wir sind es gewohnt, Anleitungen für Dinge zu haben und Instruktionen zu bekommen, wie wir mit Dingen umgehen. Für die Beziehungen zu Menschen fehlt dieses „Instruktionsmanual“ allerdings. Eigentlich wäre das aber auch sinnvoll! Denn aktiv gesetzte, gesunde Grenzen können dieses Instruktionsmanual über dich sein.

Fazit zu Grenzen setzen in Beziehungen

Die Fähigkeit, gesunde Grenzen setzen zu können, ist essenziell für gelungene Beziehungen. Sie garantieren dir in verschiedenen Bereichen, für deine Bedürfnisse und dein Wohlbefinden einzustehen. Nur so fühlst du dich wohl und hast die Rahmenbedingungen für glückliche, erfüllte Beziehungen abgesteckt.

Ich freue mich, von dir zu hören, was du über den Artikel denkst und wie es dir mit dem Thema Grenzen setzen geht! Lass mir gerne einen Kommentar da!

Möchtest du deine Schwierigkeiten mit Grenzen verstehen und lernen, gesunde Grenzen zu setzen? Dann freue ich mich, dich dabei zu begleiten!

Quellen:

[1] Blaser, K. (2020). Sag Ja zum Nein sagen: Das Trainingsprogramm zur Stärkung der eigenen Grenzen.

[2] Cole, T. (2021). Boundary Boss. The Essential Guide to Talk True, Be Seen, and (Finally) Live Free. Sounds True.

[3] Ruffer, G., & Ruffer, H. (2019). Selbstbewusst Nein sagen: Grenzen setzen - Grenzen achten.

[4] Blaser, K. (2017). Training to strengthen the mental self-boundary (Self-Boundary Awareness Training, SBAT) results in greater mindfulness: How self-boundary awareness increases mindfulness. Advances in Social Sciences Research Journal, 4(1). https://doi.org/10.14738/assrj.41.2556.

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Ruth Althammer entstanden.

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