Affären stürzen das Beziehungsgerüst ein
Affären stürzen Paare in Krisen. Für viele Menschen wirbelt eine Affäre viele Emotionen auf, und sie verändert die Paardynamik. Denn der Riss in der Beziehungsidylle kann dann nicht mehr ignoriert werden. Trotz aller Schwierigkeiten können Affären für Paare aber auch einen guten Neustart und eine Entwicklungsmöglichkeit bedeuten. Denn in manchen Fällen stürzen Affären Beziehungsgerüste ein, die zuvor sehr wacklig waren und so Themen ignoriert haben. Zudem bedeuten Krisen auch immer Umbruch und Veränderung, und diese Kraft kann auch positiv genutzt werden, unter anderem mit professioneller Hilfe eines Paartherapeuten. Eine Option, die daher häufig erwogen wird, ist Paartherapie nach einer Affäre. Doch ist sie wirklich sinnvoll?
Stelle dir vor, Laura und Jonas sind seit Jahren verheiratet. Eines Tages entdeckt Laura, dass Jonas eine Affäre hatte. Ihr Vertrauen ist zerbrochen und sie fühlt sich tief verletzt. Inmitten dieser emotionalen Turbulenzen stellen sich Laura und Jonas die Frage, ob Paartherapie ihnen helfen kann, ihre Beziehung zu reparieren und wieder zueinander zu finden.
In diesem Blogartikel werden wir uns eingehend mit der Frage auseinandersetzen, ob Paartherapie nach einer Affäre sinnvoll ist. Wir werden die potenziellen Vorteile von Paartherapie untersuchen und darüber nachdenken, wie sie Laura und Jonas helfen könnte, ihre Verletzungen zu heilen und das Vertrauen wieder aufzubauen. Gleichzeitig werden wir auch die Grenzen und möglichen Situationen beleuchten, in denen andere Ansätze möglicherweise besser geeignet sind.
Wie kann Paartherapie bei Affären helfen?
Es gibt verschiedene Arten, wie Paartherapie bei einer Affäre helfen kann.
1. Um konstruktive Gespräche zu führen
Gerade, wenn eine Krise in der Beziehung stattfindet, kann es für beide Partner sehr schwierig sein, die eigene Sichtweise mit Distanz zu betrachten, um den Partner auch zu hören und zu verstehen. Genau diese Art von Gespräch kann jedoch nötig sein, um sich verstanden fühlen zu können. Eine Paartherapie kann beide Gesprächspartner im Dialog coachen und darauf hinweisen, wann einer von beiden oder beide in weniger hilfreiche Gesprächsmuster verfallen ist. Auch eine Studie bestätigt das: Forscher haben untersucht, was Paare nach einer Affäre als wichtig für den Heilungsprozess erachten. Einer der wichtigsten Punkte dabei war die Verbesserung der Kommunikation in der Beziehung. In einer Paartherapie können Paare lernen, wie sie sich aktiv zuhören und so ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse des Partners bekommen [3].
2. Um die Verletzung zu verarbeiten
Der Schock und die vielen Emotionen, die mit einer Affäre einhergehen, sind oft für beide Partner überfordernd. In der Paartherapie kann beiden Partnern ein Raum gegeben werden, um schrittweise die Verletzung, die entstanden ist, zu bearbeiten. Eine Affäre und der damit verbundene Schmerz können sich wie eine offene Wunde anfühlen, die Heilung benötigt.
3. Um die Beziehung in der Krise zu stärken
Paartherapie kann beiden Partnern einen Raum geben, um über ihre Gefühle, Gedanken und Wünsche zu sprechen. Die Struktur und Hilfe, die eine Paartherapie da geben kann, ist zum Beispiel, eine verständnisvolle Sprache zu finden, um miteinander zu sprechen. Ein erster Fokus kann auch darauf legen, sich zunächst zuzuhören, um dann zu lernen, sich auch Verständnis zu zeigen. Das alles kann dabei helfen, das Vertrauen in die Beziehung wieder aufzubauen. Langfristig kann die Therapie auch dabei helfen, die emotionale und körperliche Intimität zu stärken.
4. Um zu verstehen, was die Affäre für beide bedeutet
Für viele Paare ist es auch sehr wichtig, zu verstehen, wie die Affäre zustande gekommen ist, wie es der Beziehung vor der Affäre ging, und was die Affäre für die Beziehung bedeutet. Dies kann im Rahmen einer Paartherapie vorsichtig erarbeitet werden. Dabei können zum Beispiel unerfüllte Bedürfnisse beider Partner, oder Verhaltensweisen, die zur Affäre beigetragen haben, untersucht werden.
5. Um Emotionen zu verstehen
Dass die Beziehung nach der Affäre wieder gut funktionieren kann, ist auch eine Aufarbeitung der Emotionen und eine bewusste Auseinandersetzung damit wichtig. Typische Emotionen auf der Seite der/des Betrogenen sind z.B. Wut, Enttäuschung, Traurigkeit, Groll, Verletztheit. Typische Emotionen, die die Person, die betrügt, erfährt, sind Schuldgefühle, Scham, Ärger auf sich selbst. Gerade, wenn vor allem Emotionen wie Ärger die Gespräche dominieren, kann eine Paartherapie dabei helfen, auch hinter den Ärger zu blicken und, wenn die Zeit dafür passt, verletzliche Gefühle aufzudecken. Forscher bestätigen, dass Paartherapie als sicheren Ort für beide Partner dazu beitragen kann, intensive Emotionen zu verarbeiten, die auch mit den Reaktionen des Umfelds auf die Affäre zusammenhängen können. Eine Paartherapie kann dabei helfen, gegenseitiges Verständnis für Gefühle und Trigger zu entwickeln und Wege zu finden, damit umzugehen. So kann das Vertrauen in die Beziehung wieder aufgebaut werden [3].
6. Um zu entscheiden, ob man zusammenbleiben möchte
Eine Paartherapie kann auch dabei helfen, die Frage: möchten wir noch zusammenbleiben? zu klären. Denn eine Affäre kann ernsthafte Beziehungszweifel auslösen. In Sitzungen kann dann bewusst angeschaut werden, was eine Trennung bedeuten würde und was beide Partner sich wünschen.
7. Um Grenzen zu verhandeln
Häufig kann eine Affäre auch die Frage aufwerfen, wie Grenzen in der Beziehung gesetzt werden können. Eine Paartherapie gibt beiden Partnern den Raum, zu explorieren, was ihnen in Bezug auf Grenzen zu anderen wichtig ist und wie sie diesen Raum gemeinsam definieren wollen.
8 . Um eine neue Beziehungsvision zu erarbeiten
Paartherapie kann dem Paar dabei helfen, gemeinsame Werte, Ziele und Visionen zu erarbeiten. Auch neue Gewohnheiten können mithilfe des Paartherapeuten etabliert werden. So kann das Paar eine Lektion aus der Affäre lernen und gestärkt in die Zukunft blicken, indem Strukturen erarbeitet werden, die eine weitere Affäre weniger wahrscheinlich werden lassen.
Wie Paartherapie bei der Verarbeitung einer Affäre hilft: Forschungsergebnisse
Auch Wissenschaftler haben sich mit der Frage beschäftigt, ob Paartherapie nach einer Affäre sinnvoll ist. Eine Studie konnte zeigen, dass Paartherapie bei Paaren, die die Therapie wegen einer Affäre beginnen, ähnlich gut funktioniert wie bei Paaren, die aus anderen Gründen eine Therapie machen: in beiden Gruppen hat sich die Zufriedenheit mit der Beziehung durch die Therapie erhöht. Das zeigt, dass eine Affäre nicht das Ende einer Beziehung sein muss und die gemeinsame Bearbeitung und Verarbeitung dieser schwierigen Situation möglich ist [1]. Auch eine weitere Studie hat untersucht, wie Paare eine Affäre verarbeiten und festgestellt, dass einer Affäre auch unerwartete positive Veränderungen folgen können: Zum Beispiel die Entwicklung einer engeren Beziehung, das klare Ausdrücken von Bedürfnissen, mehr Selbstfürsorge und das Erkennen der Bedeutung von guter Kommunikation in einer Beziehung. Mit Hilfe von Paartherapie können solche positiven Veränderungen angestoßen und die Qualität der Beziehung verbessert werden [2].
Wann ist eine Paartherapie nach einer Affäre nicht sinnvoll?
Obwohl Paartherapie vielen Paaren helfen kann, mit den Folgen einer Affäre umzugehen, gibt es einige Situationen, in denen sie möglicherweise keine gute Idee ist. Hier sind einige Szenarien, in denen ich eine Paartherapie nach einer Affäre nicht empfehlen kann:
1. Fehlendes Engagement
Wenn einer oder beide Partner nicht wirklich daran interessiert sind, an der Beziehung zu arbeiten und Vertrauen wieder aufzubauen, ist eine Paartherapie wenig sinnvoll. Denn beide Personen müssen bereit sein, Zeit, Mühe und emotionale Energie in den Heilungsprozess zu investieren, damit die Therapie erfolgreich sein kann.
2. Fortlaufende Affäre
Wenn die Affäre noch andauert oder wenn es ein Muster wiederholter Untreue gibt, könnte Paartherapie in diesem Moment nicht die richtige Wahl sein. In solchen Fällen könnte eine Einzeltherapie für beide Partner eher angebracht sein, um die zugrunde liegenden Muster und Probleme anzugehen, die zur Untreue beitragen. Eine fortlaufende Affäre ist für Paartherapeuten, die mit der Emotionsfokussierten Paartherapie arbeiten, auch ein Ausschlusskriterium für Paartherapie. Wenn du mehr über die Emotionsfokussierte Paartherapie lernen möchtest, dann schaue auch bei diesem Blogbeitrag vorbei.
3. Fehlende Einsicht oder Verantwortungsübernahme
Damit Paartherapie nach einer Affäre erfolgreich sein kann, muss der Partner, der die Untreue begangen hat, aufrichtige Reue zum Ausdruck bringen, Verantwortung für sein Handeln übernehmen und sich dem Wiederaufbau des Vertrauens interessiert sein. Wenn es an aufrichtiger Reue oder an Bereitschaft zur Verantwortungsübernahme mangelt, fehlt die Grundlage für eine Paartherapie.
4. Sicherheitsbedenken, Machtungleichgewichte oder missbräuchliche Dynamiken
Wenn es erhebliche Machtungleichgewichte oder missbräuchliche Dynamiken in der Beziehung gibt, ist Paartherapie unmittelbar nach dem Seitensprung nicht angemessen. In solchen Fällen ist es wichtig, die Sicherheit und das Wohlergehen des Opfers zu priorisieren und sich auf Einzeltherapie zu konzentrieren. Es kann auch ratsam sein, Unterstützung von spezialisierten Fachleuten auf dem Gebiet des Missbrauchs oder häuslicher Gewalt zu suchen.
5. Unbehandelte psychische Erkrankungen
Wenn ein oder beide Partner an einer psychischen Erkrankung leiden, die nicht behandelt wird und die Beziehung stark beeinflusst, wie z.B. Drogenmissbrauch oder andere Erkrankungen, dann ist es zunächst notwendig, diese Probleme individuell anzugehen, bevor man sich auf Paartherapie einlässt. Auch, wenn die Affäre zu starken Verletzungen geführt hat, kann es manchmal ratsam sein, auch einen individuellen Raum für sich in Anspruch zu nehmen. Eine Einzeltherapie kann diesen unterstützenden Raum bieten, um persönliche Herausforderungen zu bewältigen und eine stabilere Grundlage für die Paartherapie zu schaffen.
6. Starke Beziehungszweifel
Wenn einer oder beide Partner stark daran zweifeln, die Beziehung noch eine Chance hat, kann eine Einzelberatung dabei helfen, zunächst für sich selbst zu klären, was die persönliche Haltung ist und welche Grenzen und Werte wichtig sind.
7. Grundlegende Unvereinbarkeit oder unterschiedliche Werte
Manchmal führt die Entdeckung einer Affäre zu grundlegenden Unvereinbarkeiten oder erheblichen Unterschieden in Werten und Prioritäten, die zu stark voneinander abweichen. Wenn sich herausstellt, dass beide Partner grundsätzlich andere Werte und Ziele haben, dann macht das Arbeiten an einer gemeinsamen Zukunft in der Paarberatung möglicherweise wenig Sinn.
Fazit zu ist Paartherapie nach einer Affäre sinnvoll
Paartherapie kann die Beziehung stärken und beiden Partnern helfen, zu verstehen und zu verarbeiten, was passiert ist. Beide Partner müssen dafür bereit sein, an der Beziehung zu arbeiten und Zeit und Geduld zu investieren. Dennoch hängt die Entscheidung, ob die Paartherapie in einer spezifischen Situation sinnvoll ist, von vielen Faktoren ab und muss individuell betrachtet werden. Daher ist es zu empfehlen, einen Paartherapeuten aufzusuchen, der die Situation einschätzen kann. Auch Laura und Jonas haben sich für ein Erstgespräch bei einer Paarberaterin angemeldet, um die Voraussetzungen für eine Paarberatung abzuklären.
Suchst du Unterstützung bei einer Affäre in der Beziehung? Dann melde dich bei mir, um einen Kennenlerntermin zu vereinbaren.
Quellen:
[1] Atkins, D. C., Marín, R., Lo, T. T. Y., Klann, N., & Hahlweg, K. (2010). Outcomes of couples with infidelity in a community-based sample of couple therapy. Journal of Family Psychology, 24(2), 212–216. https://doi.org/10.1037/a0018789.
[2] Olson, M. M., Russell, C. S., Higgins-Kessler, M., & Miller, R. B. (2002). EMOTIONAL PROCESSES FOLLOWING DISCLOSURE OF AN EXTRAMARITAL AFFAIR. Journal of Marital and Family Therapy, 28(4), 423–434. https://doi.org/10.1111/j.1752-0606.2002.tb00367.x.
[3] Mitchell, E. A., Wittenborn, A. K., Timm, T. M., & Blow, A. J. (2021). Affair recovery: Exploring similarities and differences of injured and involved partners. Journal of Marital and Family Therapy, 48(2), 447–463. https://doi.org/10.1111/jmft.12538.