Liebe oder Gewohnheit? Was die Unsicherheit dir sagen will
Lisa und Antonio sind seit acht Jahren verheiratet. Ihr Alltag ist voll – zwei Kinder, Job, Termine. Abends sitzen sie zwar gemeinsam am Tisch, aber Lisa merkt: Die Gespräche drehen sich fast nur noch um den Familienkalender. Sie vermisst die Zeit, als sie mit Antonio stundenlang über Politik und Bücher diskutierte. Nun fragt sie sich: „Liebe ich ihn noch – oder ist das nur Gewohnheit?
Die Frage, die Lisa sich stellt, ist eine Frage, die vielen Menschen irgendwann begegnet und ein Problem, mit dem auch viele Paare zu mir in Paarberatung kommen. Gerade, wenn das Leben mit vielen Verpflichtungen voll ist, dann fällt der Fokus auf die Beziehung häufig hinten runter, und Paare haben zu wenig Energie für die Beziehung. Daher möchte ich dir in dem Blogpost ein paar Impulse geben, die dir in der Situation helfen können!
Beziehung hinterfragen: 4 Schritte zur Klarheit
1. Dein Gefühl als Signal verstehen
Wenn dich die Frage beschäftigt, ob du deinen Partner noch liebst oder deine Beziehung nur aus Gewohnheit besteht, hast du zunächst einmal wahrscheinlich ein Gefühl gehabt. Ist es Frustration, Langeweile, Traurigkeit, oder etwas anderes? Alle Gefühle wollen uns etwas mitteilen. Sie zeigen dir, ob dir gerade etwas fehlt oder ob alles passt. Wenn du also gerade Gefühle von Langeweile erlebst, dann bedeutet das, dass du da genauer hinschauen darfst. Welche deiner Bedürfnisse sind gerade nicht erfüllt?
Beziehung unter die Lupe nehmen
Du kannst das Gefühl also als Signal dafür nehmen, dich mit den folgenden Fragen zu beschäftigen:
- Wie fühle ich mich in der Beziehung?
- Besteht unser Alltag aus sehr vielen Routinen?
- Wann haben wir Zeit und Raum für Dinge außerhalb der Routine?
Lisa stellt nach den Fragen fest, dass sie sich vor allem frustriert und traurig fühlt. Sie stellt fest, dass sie ein Bedürfnis nach mehr Abwechslung oder Abenteuer in der Beziehung hat. Außerdem fehlt ihr der intellektuelle Austausch, den sie früher so viel in ihrer Beziehung hatten.
2. Das Gespräch suchen
Hol deinen Partner mit ins Boot – ihr könnt das gemeinsam angehen. Teile also deine Gedanken und Gefühle mit deinem Partner und frage auch nach, wie es der anderen Person geht. Es kann helfen, in das Thema mit Wertschätzung einzusteigen, zum Beispiel, indem du der anderen Person sagst, dass sie dir wichtig ist, sehr wertschätzt und wofür du dankbar bist. Dann kannst du darüber sprechen, dass du dir für euch beide eine erfüllte, spannende Beziehung wünscht, und gerne gemeinsam Brainstormen willst, wie ihr das erreichen könnt.
Wenn das Gespräch hitzig wird, drückt kurz die Pause-Taste und redet später weiter – oder holt euch Unterstützung.
Lisa bespricht mit Antonio, dass sie ihre Beziehung und ihr gemeinsames Leben sehr wertschätzt, sie sich aber seit einiger Zeit frustriert fühlt. Sie spricht davon, wie wichtig ihr die früheren Diskussionsrunden waren, und wie sehr ihr dieser Aspekt in ihrem gemeinsamen Leben fehlt. Antonio fühlt sich zunächst etwas angegriffen, stimmt dann aber zu und gesteht sich auch ein, dass er sich etwas weniger Routine in ihrem Leben wünscht. Gemeinsam beginnen sie, zu überlegen, wie sie ihr volles Leben etwas entzerren und mehr Platz für andere Dinge machen können.
3. Bedürfnisse umsetzen
Jetzt geht’s darum, eure Wünsche in echte Pläne zu verwandeln. Vielleicht ist das der Vorschlag für einen Museumsbesuch, wenn du dir mehr Abwechslung wünschst. Oder ein neues Ziel für den nächsten Urlaub. Vielleicht ist es auch ein Fragekartenspiel, wenn du dir neuen oder anderen Gesprächsstoff wünschst. Für alles das kann es hilfreich sein, mit deinem Partner über deine Bedürfnisse zu sprechen.
Ideen für mehr Lebendigkeit in der Beziehung
Hier kommen ein paar Ideen, die euch dabei helfen können, die Routine und Gewohnheit in der Beziehung zu durchbrechen:
- Fragekarten oder Impulsfragen nutzen: Stellt euch gegenseitig neue, ungewohnte Fragen und entdeckt Seiten aneinander, die ihr noch nicht kanntet.
- Gemeinsam neue Veranstaltungen besuchen: Ob Theater, Konzert, Ausstellung oder Vortrag – Hauptsache, ihr erlebt etwas außerhalb eurer gewohnten Routine.
- Ein neues Hobby beginnen: Wählt etwas, das euch beide interessiert, zum Beispiel Tanzen, Klettern oder einen Kochkurs.
- Einen Ausflug planen: Entdeckt einen neuen Stadtteil, macht ein Picknick oder besucht einen Ort, an dem ihr noch nie gemeinsam wart.
- Ein Buch zusammen lesen: Jeder liest ein Kapitel, danach tauscht ihr euch aus – so entstehen neue Gespräche.
- Alte Erinnerungen aufleben lassen: Hört Musik aus eurer Kennenlernzeit oder schaut Fotos von damals an.
- Gemeinsam lachen: Schaut eine Komödie, geht ins Improtheater oder spielt ein Gesellschaftsspiel, das euch Freude macht.
- Kleine Überraschungen einbauen: Ein handgeschriebener Zettel, eine kurze Nachricht oder eine spontane Einladung kann viel bewirken.
- Routinen verändern: Probiert einen technikfreien Abend, esst an einem anderen Ort oder führt ein wöchentliches Paar-Date ein.
- Über die Zukunft sprechen: Malt euch gemeinsam aus, wie euer Leben in fünf oder zehn Jahren aussehen könnte.
Lisa und Antonio beschließen, einmal im Monat zu einem Event zu gehen, das einem Debattierclub ähnlich ist. Außerdem haben sie eine Freundin als Babysitterin engagiert, die einmal die Woche für ein “Paar-Date” die Kinder für ein paar Stunden übernehmen kann. Diese Veränderungen haben dazu geführt, dass die beiden sich wieder lebendiger und erfüllter in ihrer Beziehung fühlen.
4. Wichtige Tipps für deine Einstellung
Beziehung ist auch Arbeit - Verantwortung übernehmen
Für jede erfüllte Beziehung ist auch ein gewisses Investment an Energie und Zeit nötig. Du darfst den ersten Schritt machen und etwas Neues in eure Beziehung bringen. Etwas vorschlagen, oder deinem Partner neue Fragen stellen, die euch helfen können, aus der Routine auszubrechen, kann der erste Schritt zur Verbesserung sein!
Auch “gute” Beziehungen dürfen langweilig sein!
Genau wie alle Beziehungen und auch Lebensbereiche kann es Phasen geben, in denen die Beziehung in der Krise steckt, in denen Langeweile da ist. Aus diesen Langeweile bzw. Gewohnheitstälern kann man aber auch wieder herauskommen. Und ich möchte auch Gewohnheit und Langeweile als normalen Teil jeder Beziehung normalisieren! Es ist überhaupt nichts falsch mit dir oder euch, wenn du dich so fühlst. Die meisten Menschen fühlen sich früher oder später in ihrer Beziehung so. Dennoch gibt es etwas, was ihr gemeinsam tun könnt. Ich empfehle daher, auch alle Gefühle, wie Langeweile, auszuhalten und eher neugierig zu sein, was dahintersteckt. Denn es muss für eine Langzeitbeziehung noch lange kein Warnsignal sein, wenn gelegentlich Phasen der Langeweile auftauchen.
Wenn es schwierig bleibt
Ist dein Partner nicht bereit, neue Dinge umzusetzen? Hast du keine Energie, in einem vollen Leben mit Kindern, Job, Haushalt, Freunden, noch an der Beziehung zu arbeiten? Möchtest du nicht in dieser Beziehung bleiben, sondern bist emotional schon ausgestiegen, warst aber noch nicht bereit, dich zu trennen?
Es kann sehr viele Szenarien geben, die dazu führen, dass die Impulse und Gedanken oben nicht auf dich und deine Situation zutreffen. Schau dir gern meine anderen Artikel an – da findest du noch mehr Ideen.
Ansonsten empfehle ich dir, in einer Einzel- oder Paarberatung noch genauer auf deine Situation, und was du da für dich und deine Beziehung tun kannst, einzugehen.
Zusammenfassung zu “Liebe ich ihn noch oder ist es Gewohnheit?
Langeweile oder Gewohnheit in der Beziehung sind normal und Teil von den meisten Beziehungen. Sie sind kein Alarmzeichen, sondern eine Einladung, neugierig zu werden: Was fehlt dir gerade? Was wünschst du dir? Wenn du diese Fragen für dich und mit deinem Partner erkundest, kann wieder Lebendigkeit entstehen. Dafür wünsche ich euch alles Gute!
