Wofür braucht ihr Regeln in der Paarkommunikation?
Die Kommunikation in der Partnerschaft ist oft nicht einfach. Denn oft triggert ihr euch gegenseitig, etwas macht euch wütend, oder ihr verletzt euch. Besonders in Beziehungen sind wir alle besonders verletzlich, unsere tiefsten Ängste und Sorgen kommen an die Oberfläche. In einer solchen Situation bei Streit respektvoll und verständnisvoll miteinander umzugehen, ist wirklich nicht einfach. Daher fragen mich Paare oft, welche Regeln ihnen in der Paarkommunikation helfen können. Ich habe in diesem Blogartikel eine Liste an Regeln zusammengestellt, die euch bei Konflikten helfen kann.
1. Konflikte nie besprechen, wenn euer Gehirn im Gefahrenmodus steckt
Konflikte in Partnerschaften sind für viele Paare mit Stress und, auf Ebene unseres Gehirns gesprochen, mit Gefahren verbunden. Konflikte sind eine Gefahr für unser Bedürfnis nach Sicherheit und emotionaler Nähe zum Partner. Als Reaktion auf Gefahr reagieren wir als Menschen mit "fight, flight or freeze", also Kampf, Flucht, oder Erstarren. In Paargesprächen sieht das dann wie ein Partner aus, der immer lauter wird, oder mit Wörtern, Mimik oder Emotionen attackiert. Der Fluchtmodus zeigt sich darin, dich als Reaktion auf die Gefahr, die von dem Streit ausgeht, zurückzuziehen. Das kann sich darin zeigen, dass du den Streit verlässt, oder still wirst, also innerlich abschaltest. Wenn euer Gehirn sich noch im Gefahrenmodus befindet, dann ist es unmöglich, Neugierde, Empathie und Offenheit für euren Partner zu empfinden. Diese Haltung ist aber notwendig, um Konflikte zu klären. Das bedeutet also zunächst, dass Gespräche eine schlechte Idee sind, wenn ihr beide in Attacken- oder Vermeidungsmustern steckt, und mindestens einer von euch sehr wütend oder traurig ist. Dafür braucht ihr eine Pause.
- Beispiel: "Ich glaube, wir brauchen gerade eine Pause. Ist es okay für dich, wenn wir in 30 Minuten weitersprechen? Gerade brauche ich etwas Zeit, um mich zu beruhigen."
2. Pausen nehmen, um in den verständnisvollen, klärenden Modus zu gelangen
Wenn ihr merkt, dass einer von euch oder beide im Gefahrenmodus feststeckt, dann ist eine Pause vom Gespräch ganz wichtig. Nehmt euch dafür mindestens 30 Minuten Zeit. Verbringt Zeit in anderen Räumen, tut euch etwas Gutes, oder lenkt euch ab. Für manche Menschen funktioniert Bewegung gut, für andere Musik, lesen. Findet heraus, was ihr braucht, um Emotionen wie Wut zu verarbeiten. Wenn ihr merkt, dass ihr bereit seid, dem anderen zuzuhören, und Empathie und Verständnis zu zeigen, dann könnt ihr wieder zum Gespräch zurückkehren.
- Probiert für euch in der nächsten hitzigen Diskussion in einer Pause aus, was euch hilft, euch abzulenken und eure Gefühle zu verarbeiten.
3. Neugierde für euren Partner
Diskussionen sind für viele Paare nicht einfach. Ihr könnt euch gegenseitig Gespräche erleichtern, indem ihr eine Position der Neugierde einnehmt. Wenn ihr diese Haltung einnehmt, dann versucht, daran zu denken, dass ihr euren Partner nie komplett kennt, dass es immer noch Dinge zu ergründen und verstehen gibt, was das Innenleben des anderen betrifft. Dafür ist es auch wichtig, dass ihr schafft, eine Distanz zu eurer Position einzunehmen und den anderen komplett verstehen wollt.
- Das kann sich zum Beispiel so äußern: „Ich würde gerne verstehen, wieso dir .. so wichtig ist. Kannst du mir dabei helfen? Kannst du mir das erklären?“
4. An eure Liebe für den Partner erinnern
Erinnert euch daran, dass ihr den anderen liebt und dass diese Diskussion das nicht grundsätzlich in Frage stellt. Auch, wenn dieser Konflikt gerade schwierig für euch ist, erinnert euch daran: Der andere ist ein Mensch, den ihr schätzt und liebt. Vielleicht könnt ihr euch auch einen spezifischen Moment erinnern, an dem ihr euch eurem Partner nahe gefühlt habt oder als ihr eurem Partner dankbar wart. Wenn ihr mehr über Dankbarkeit in der Beziehung lesen wollt, dann schaut gerne bei diesem Blogartikel zu Dankbarkeit in der Beziehung vorbei. Paartherapeut Terrence Real spricht davon, dass die Erinnerung an diese grundsätzliche Liebe zu deinem Partner euch helfen kann, ein Anliegen oder eine Seite im Konflikt ruhiger und verständnisvoller vorzutragen.
- Als Beispiel kannst du zu dir selbst sagen: "Auch, wenn dieser Konflikt schwierig ist, dann schätze und liebe ich meinen Partner sehr." Erinnere dich an einen Moment, als du diese Nähe und Liebe besonders gespürt hast.
5. Verständnis und Empathie für die Position des anderen
Es ist wichtig, dass ihr eurem Partner im Gespräch Verständnis entgegenbringt. Dies gilt auch, wenn es nur einen Teil des Gesagten betrifft, den ihr verstehen könnt. Dabei sagst du, dass aus der Perspektive deines Partners, mit seinen Bedürfnissen, Wünschen, und Ängsten, diese Reaktion verständlich ist. Es geht dabei nicht darum, ob die Gefühle oder Gedanken des Partners aus deiner Sicht richtig sind oder Sinn machen. Wenn du deinem Partner empathisch begegnest, dann geht es darum, dass du dich in deinen Partner versetzt, und ausgehend von dieser Perspektive, einen Teil anerkennst. Dabei hilfst du deinem Partner, dass er sich verstanden und gehört fühlt.
- Du kannst dabei Sätze verwenden wie: „Ich kann verstehen, dass das dich traurig gemacht hat.“ oder „Ich kann verstehen, dass dich das, was du erlebt hast, wütend macht.“ oder "Aus deiner Perspektive macht es Sinn, dass..."
6. Von dir sprechen und Gefühle, Bedürfnisse und Wünsche benennen
Als generelle Regel ist es in Konflikten wichtig, dass du deine Positionen immer von dir ausgehend ansprichst. Es ist dabei wichtig, dass du deinem Partner keine Vorwürfe machst oder ihn für sein Verhalten anklagst. Dabei kannst du Dinge sagen wie „Ich fühle mich... Ich wünsche mir…". Denn was du über dich aussagst, dass ist deine Wahrnehmung, deine Gefühle und Bedürfnisse. Wenn du stattdessen von deinem Partner sprichst, dann kann das schnell wie ein Vorwurf oder eine Anklage wirken. Wenn du von dir sprichst, dann ist es wichtig, dass du auch auf die objektive Situation, dein Gefühls- und Bedürfniserleben eingehst. Denn nur so kann dich dein Partner auch gründlich verstehen. Hast du Schwierigkeiten, deine Gefühle und Bedürfnisse zu erkennen? Dann findest du in diesem Blogartikel mehr Informationen dazu. Wenn du mehr über die Methode, wie du Konflikte ansprechen kannst, lesen willst, dann findest du sie hier ausführlich vorgestellt.
- Beispiel: "Wenn wir keinen gemeinsamen Abend in der Woche verbringen, dann fühle ich mich traurig, denn mir ist gemeinsame Zeit total wichtig. Ich wünsche mir, dass wir uns zweimal die Woche einen gemeinsamen Abend nehmen."
7. Verletzlichkeit und Emotionen mit deinem Partner zulassen
Wenn dich etwas bewegt, dann ist es auch okay, wenn du deinem Partner Emotionen zeigst. Macht dich etwas wütend? Traurig? Dann ist die Beziehung auch ein Ort, um das zuzulassen und zu zeigen. Es ist wichtig, dass du deine Emotionen teilst und nicht nur für dich behältst! Dinge auch mal mit starken Emotionen anzusprechen, ist daher total okay, so lange ihr es nachbesprecht und ihr euch sicher in der Beziehung fühlt, diese Emotionen miteinander zu teilen. Natürlich ist damit nicht gemeint, deinen Partner anzuschreien, oder in einer anderen Weise deine Wut oder Traurigkeit gegen deinen Partner zu richten.
8. Beim spezifischen Thema bleiben
Oft passiert es Paaren, dass sie von einem zum anderen Thema wechseln. Es ist aber wichtig, dass ihr nicht generalisiert, sondern in Konflikten diese eine Situation bespricht. Sonst wird das Gespräch sich immer weiter durch Themen hangeln, und ihr könnt es nicht gut beenden. Um den Konflikt zu klären, ist es daher wichtig, dass du nicht andere Situationen aus der Vergangenheit, in denen ein ähnliches Verhalten aufgetreten ist, anführst, sondern bei dieser einen Situation bleibst.
- Statt: "...und letzten Monat, und vor vier Monaten hattest du auch keine Zeit für mich", spreche lieber davon, was gerade passiert ist: "in der letzten Woche haben wir uns wenig Zeit genommen..."
9. Vermeidet „nie, immer“
Außerdem ist es wichtig, dass ihr keine Generalisierungen verwendet, wenn ihr etwas mit eurem Partner ansprecht. Wenn du diese Generalisierungen verwendest, dann ist es sehr wahrscheinlich, dass dein Partner in eine Verteidigungshaltung kommt. Wie oben erklärt, ist damit ein Gefahrenmodus aktiv, und Konflikte können nicht gut besprochen werden. Daher ist es wichtig, bei der einen Situation zu bleiben und nicht zu generalisieren.
- Statt: "Nie willst du Zeit mit mir verbringen!" ist besser: "Diese Woche haben wir wenig Zeit gemeinsam verbracht. Können wir das gemeinsam verändern?"
10. Konflikte offen ansprechen und Klarheit schaffen
Zudem ist es auch wichtig, diese Gespräche überhaupt zu führen. Ein Stillschweigen und in euch hineinfressen ist wenig hilfreich. Stattdessen führt das nur dazu, dass sich Emotionen anstauen, die dann unter der Oberfläche weiterhin vorhanden sind. In der nächstbesten Situation können diese dann schnell und einfach herausbrechen. Direkt Konflikte anzusprechen, und euch klar auszudrücken ist daher sehr wichtig. Vermeidet unbedingt auch Interpretationen! Wenn ihr euch nicht sicher seid, wie der andere etwas gemeint hat, dann fragt nach. Es kann euch auch helfen, wenn der eine zunächst seine Sicht der Dinge erklärt, und der andere dies dann zusammenfasst. Mehr über die Technik des aktiven Zuhörens kannst du hier in diesem Blogartikel lesen.
- "Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstanden habe. Ich habe gehört, dass es dich gestört hat, dass wir die letzte Woche nicht viel Zeit zusammen verbracht haben. Stimmt das so oder habe ich etwas Wichtiges vergessen?"
11. Verantwortung übernehmen und dich entschuldigen
Wenn dein Partner verletzt ist, dann ist es wichtig, Verantwortung für dein Verhalten anzuerkennen. Dabei ist es nicht relevant, ob es deine Intention war oder ob (wie für die meisten Menschen), du den anderen mit deinen Handlungen nicht verletzen wolltest. Trotzdem ist es zentral, dass du deinen Teil deiner Verantwortung anerkennst. (Das gilt nicht für Situationen, in denen dein Partner ständig verletzt, sauer oder genervt von dir ist, und du nicht weißt, wieso. In diesen Situationen ist es besser, wenn du/ihr euch professionelle Hilfe suchst).
- "Es tut mir leid, dass dich das verletzt hat. Ich kann verstehen, dass es dich traurig gemacht hat, wie ich mich diese Woche verhalten habe. Wie können wir in Zukunft eine Lösung finden?"
Fazit zu 11 Regeln in der Paarkommunikation
In diesem Blogartikel habt ihr gelernt, welche Regeln euch bei der Paarkommunikation helfen können. Diese Regeln könnt ihr gemeinsam besprechen, um in Konflikten so miteinander umzugehen, dass ihr dadurch eure Beziehung stärkt. Denn ihr könnt es lernen, so miteinander umzugehen, dass euer gegenseitiges Verständnis gestärkt wird und ihr euch besser kennenlernt!
Möchtet ihr an eurer Paarkommunikation arbeiten? Dann meldet euch bei mir!
Quellen:
- Rosenberg, M. B. (2015). Nonviolent communication: A language of life (3rd ed.). PuddleDancer Press.
- Real, T. (2022). Us: Getting Past You and Me to Build a More Loving Relationship. Rodale Books.
- Johnson, S. (2008). Hold me tight: Seven conversations for a lifetime of love. Little, Brown Spark.