Praktischer Einblick in meine Onlineberatung: Wie du Grenzen setzen lernen kannst

Grenzen setzen zu können ist eine Fähigkeit, die unabdingbar für deine Beziehungen ist. Es ist außerdem ein Thema, mit dem viele Klienten zu mir kommen. In diesem Artikel möchte ich daher an einem Praxisbeispiel verdeutlichen, wie du Grenzen setzen lernen kannst. Das werde ich dir anhand von Anna*, 28, erzählen. Anna ist 28 und in einer Beziehung mit Leon seit 3 Jahren. Sie kommt zu mir in die Beratung, weil sie sich in der Beziehung unzufrieden fühlt. Sie hat das Gefühl, festzustecken, und weiß nicht genau, wie sie das verändern kann.

Die ersten Sitzungen 

Zu Beginn erzählt Anna viel davon, was sie in den letzten Wochen und Monaten in ihrer Beziehung stört. Ein Beispiel ist, dass ihr Freund viel mit seinen Freunden ausmacht, ohne sie zu fragen, ob sie mitkommen möchte. Manchmal nimmt er auch ihr Handy, ohne sie zu fragen, und liest ihre Chats mit Freunden durch. Wir arbeiten heraus, dass es für Anna schwierig ist, Grenzen zu setzen und ihre eigentlichen Wünsche zu kommunizieren, obwohl sich ihr Partner oft so verhält, wie sie es nicht möchte.

Grenzen setzen lernen erste Schritte

Schritt 1: Wissen über Grenzen setzen

Zunächst habe ich mit Anna besprochen, was für Arten von Grenzen es gibt und wieso es wichtig für sie ist, das zu lernen. In der Beratung haben wir besprochen, dass zu wenig vorhandene Grenzen in Annas Beziehung dazu führen, dass sie unzufrieden ist. Daher haben wir die Theorie des Grenzen Setzens besprochen. In diesem Blogartikel habe ich für dich zusammengefasst, was du zu dem Thema wissen musst. Als ich Anna die verschiedenen Grenzbereiche erklärt habe, und über zu poröse Grenzen gesprochen habe, hat sie mir zugestimmt und wir haben das Thema des Grenzen Setzens als aktuellen Beratungsfokus festgelegt.

Schritt 2: Lerne deine Gefühle besser kennen 

Um ihre Körperwahrnehmungen besser zu spüren, die ihr dabei helfen, zu fühlen, wann eine Grenze überschritten wird, ist es hilfreich, diese mit Meditation zu schulen. Als Arbeit zwischen den Sitzungen habe ich Anna daher empfohlen, täglich zu meditieren. Denn Meditationen können ihr dabei helfen, mehr Bewusstsein über ihre Gefühle und Bedürfnisse zu erlangen. Für Anna funktionieren vor allem Meditationen gut, in denen sie sich auf ihren Atem konzentriert. Zudem habe ich ihr empfohlen, regelmäßig zu pausieren, und ihre Körperwahrnehmungen und Gefühle zu spüren. Das hilft ihr dabei, öfter mit sich selbst in Kontakt zu kommen und längerfristig sensibler für ihre Gefühlsänderungen zu sein. Wenn du mehr darüber lernen willst, wie du die Übungen selbst machen kannst, dann findest du hier mehr dazu.

Schritt 3: Verstehe deine Biografie

Wir haben gemeinsam einige Zeit darauf verwendet, zu verstehen, was Annas Überzeugungen in Bezug auf Grenzen setzen sind. Dabei ist herausgekommen, dass sie überzeugt davon ist, dass ihre eigenen Bedürfnisse nicht wichtig sind im Vergleich zu den Bedürfnissen von anderen. In ihrer Kindheit waren Annas Eltern getrennt, und Annas Vater psychisch krank. Anna hat für ihre Familie die Rolle der Vermittlerin zwischen den Eltern eingenommen, und ihre Mutter bei ihren Schwierigkeiten unterstützt. Für Annas Bedürfnisse und Gefühle war wenig Raum da, die Eltern waren sehr überfordert. Daraus hat sie gelernt, dass sie anderen bedingungslos helfen muss, um geliebt zu werden. Grenzen zu setzen und nicht diese bedingungslose Liebe zu zeigen, fällt ihr sehr schwer. Anna hat sich mit ihrer Schwester ein Zimmer geteilt und dufte nie die Türe abschließen. Auch sonst gab es in ihrer Familie keine Geheimnisse, alles wurde miteinander besprochen, und Annas Eltern haben auch Details über ihre Beziehung mit den Kindern geteilt. Daraus hat Anna mitbekommen, dass sie keine Grenzen setzen darf, und dass das Wohlbefinden anderer wichtiger ist als ihr eigenes. 

Schritt 4: Erkennen und Umschalten

Anna hat eine Zeit lang aufmerksam beobachtet, wann immer ihr Überzeugungen dazu geführt haben, dass sie keine Konflikte mit Leon angesprochen hat oder Grenzen nicht setzen konnte. In diesen Situationen haben wir geübt, wie sie sich mit Selbstmitgefühl begegnen kann. Im nächsten Schritt haben wir nach für sie besseren Überzeugungen gesucht, wie zum Beispiel "Ich darf Grenzen setzen" und "meine Bedürfnisse sind auch wichtig". In diesen Situationen hat Anna trainiert, zu erkennen, wann sie in ein altes Muster gefallen ist, um dann aktiv umzuschalten und ihre neuen Überzeugungen einzuüben.

Schritt 5: Lerne deine Grenzen kennen

Um Annas Grenzen kennenzulernen, haben wir alle Bereiche wie z.B. Freizeit, Beziehungen, etc. aufgeschrieben. Dann haben wir in der Sitzung besprochen, was in den verschiedenen Bereichen Dinge sind, die für sie okay sind und nicht okay sind. So hat Anna ihre eigenen Grenzen besser verstanden. Außerdem hat sie eine Liste erstellt mit Verhaltensweisen, die für sie Grenzüberschreitungen darstellen. Ein Beispiel dafür ist, dass Annas Freund manchmal ihr Handy nimmt und liest. Das ist für sie eine klare Grenzüberschreitung.

Schritt 6: Kommuniziere deine Grenzen

Als nächstes hat Anna an ihrer Fähigkeit, Grenzen offen zu kommunizieren, gearbeitet. Wir haben dabei die Methode der gewaltfreien Kommunikation verwendet (mehr dazu hier). Dabei hat Anna gelernt, wie sie ihre Beobachtungen, Gefühle und Bedürfnisse und Wünsche kommunizieren kann. Eine Situation, die wir besprochen haben, war zum Beispiel, dass ihr Freund viel Zeit ohne sie verbringt. Anna möchte öfter miteinbezogen werden. Daher hat sie für sich formuliert:

„Wenn du deine Freunde fünf Tage die Woche triffst, und mich nicht fragst, ob ich mitmöchte, dann fühle ich mich dabei gereizt und verärgert. Denn ich möchte wissen, dass ich für dich wichtig bin und unsere gemeinsame Zeit priorisiert wird. Ich möchte daher gerne mit dir ausmachen, dass wir uns dreimal die Woche sehen, und du den Rest der Tage mit deinen Freunden verbringst. Ist das okay für dich?“

Schritt 7: Ziehe Konsequenzen, wenn Grenzen nicht eingehalten werden

Als nächstes haben wir besprochen, wie Anna damit umgehen kann, wenn ihre Grenzen nicht eingehalten werden. Denn es ist schon öfters vorgekommen, dass ihr Freund sich für etwas entschuldigt hat, aber sich dann doch wieder gleich verhalten hat. Anna hat dazu die häufigsten Grenzüberschreitungen in ihrer Beziehung aufgeschrieben. Dann habe ich sie dabei unterstützt, herauszufinden, was passende Konsequenzen für sie sind. Zum Beispiel hat Anna sich entschieden, dass sie Grenzüberschreitungen von ihrem Freund regelmäßig aufschreibt. Wenn er so ihr Handy checkt, obwohl sie ihm gesagt hat, dass sie das nicht möchte, dann führt sie eine Strichliste. Bei mehr als zwei Strichen wird sie die Beziehung ernsthaft überdenken.

Konsequenzen wenn Grenzen nicht eingehalten

Fazit zu wie du Grenzen setzen lernen kannst

In diesem Blogartikel hast du gesehen, wie eine mögliche psychologische Beratung mit dem Schwerpunkt Grenzen setzen lernen ablaufen kann. Denn bei Beziehungsproblemen kann ein Problem mit gesunden Grenzen oft das eigentliche Problem sein. Es ist daher wichtig, dass du genau verstehst, wo eigentlich das Problem in deiner Beziehung liegt. Du kannst dann lernen, Grenzen zu setzen, indem du dich mit deinen Gefühlen, den Bereichen, in denen du Grenzen setzen willst, deiner Biografie, und Kommunikation beschäftigst.

*Anna ist keine aktuelle Klientin von mir, sondern eine fiktive Person, die einige Themen, die meine Klienten mitbringen, auch beschäftigt, um Anonymität zu gewährleisten.

Vermutest du, dass bei deinen Beziehungsschwierigkeiten vielleicht ein Problem mit Grenzen dahinter liegt? Dann melde dich gerne bei mir.
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