Was ist People Pleasing?

Anna neigt zum People Pleasing. Sie hat Schwierigkeiten, ihre eigenen Bedürfnisse zu erkennen, weil sie es von klein auf gewohnt ist, sich an andere Menschen anzupassen. Daher hat sie es verlernt, auf sich zu hören und in sich hineinzuspüren. Oft sagt Anna ja, wenn sie eigentlich nein sagen will, zum Beispiel, wenn ihre Freundin Lisa ein Treffen im Cafe vorschlägt, obwohl Anna eigentlich lieber Zeit für sich allein nehmen möchte. Oder, wenn der Nachbar im Flur Anna schon seit einer Stunde in ein Gespräch verwickelt, und Anna eigentlich lieber gehen möchte. Anna spricht fast nie an, wenn sie etwas stört, denn Konflikte sind für sie gefährlich.

Es gibt viele Menschen, die, wie Anna, People Pleaser sind. Daher möchte ich mit dir in diesem Blogpost mehr über dieses Verhaltensmuster teilen, und auch Wege berichten, die dir helfen, aus dem People Pleasing auszusteigen. Das hilft dir letztendlich dabei, ein authentisches und erfülltes Leben zu führen.

Eigenschaften von People Pleasern

Menschen, die zum People Pleasing neigen, können sich oft mit folgenden Charakteristika identifizieren: 

  • Oft sind People Pleaser Menschen, die empathisch sind.
  • Anderen zu gefallen und sie nicht zu enttäuschen, ist ihre höchste Priorität.
  • Sie versuchen, die Gefühle und Bedürfnisse anderer zu erkennen, um sich danach zu richten. 
  • Sie halten ihre Meinung zurück, um Konflikt zu vermeiden.
  • Sie akzeptieren automatisch die Vorschläge von anderen, ohne darüber nachzudenken, was sie selbst wollen. 
  • Sie stellen die Bedürfnisse anderer vor ihre eigenen und sagen oft “Ja”.
  • Manchmal wissen sie auch gar nicht, was sie eigentlich wollen, weil sie es nicht gewohnt sind, sich damit zu beschäftigen. 
  • Sie sprechen keine Grenzen aus oder einen “Nein”, weil sie auf Ablehnung stoßen könnten.
  •  Harmonie ist People Pleaser sehr wichtig, und Streit wird als gefährlich wahrgenommen und vermieden.
  • Zudem fühlen sich People Pleaser oft für die Gefühle von Menschen um sie herum verantwortlich.

Grundängste von People Pleasern

In ihrem innersten haben viele People Pleaser Angst, abgelehnt zu werden, oder dass sie so, wie sie eigentlich sind, nicht genügen - daher passen sie sich anderen an, um die Ablehnung zu vermeiden, indem sie anderen keinen Grund für Ablehnung geben. 

Viele People Pleaser streben dabei nach einer totalen Harmonie, ohne jeden Konflikt. Wichtig ist hierbei aber, dass es einen Unterschied gibt zwischen einer “künstlichen” Harmonie, die nur besteht, weil Konflikte vermieden werden, oder einer dynamischen Harmonie, die entsteht, wenn Konflikte geklärt werden, wenn über schwierige Themen gesprochen wird, und Konflikte repariert werden. Die dynamische Form der Harmonie ist die, die für Beziehungen gesund und wichtig ist. 

Was sind die Ursachen von People Pleasing?

People Pleasing ist ein Verhalten, das meist in der Kindheit oder früheren, signifikant wichtigen Beziehung gelernt wurde. Auch, wenn es ganz unterschiedliche Erfahrungen gibt, die dazu führen können, möchte ich hier ein paar anonymisierte Beispiele von Klienten auflisten, die mir so ähnlich begegnet sind. Es kann zum Beispiel entstehen, wenn Kinder für Eltern die Rolle der Eltern einnehmen. In der Psychologie nennt man das auch Parentifizierung. Dies kann zum Beispiel passieren, wenn Eltern an psychischen Erkrankungen leiden oder es viele Konflikte in der Beziehung zwischen den Eltern gibt, die auch über die Kinder ausgetragen werden. Außerdem können auch Eltern, die viele Erwartungen an das Kind stellen, dazu führen, dass das Kind lernt, mehr auf die Erwartungen der Eltern als auf eigene Gefühle und Bedürfnisse zu hören, um die Liebe zu bekommen, die es dringend braucht. Auch Eltern, die selbst People Pleaser sind und dieses Verhalten vorleben, können dazu führen, dass Kinder lernen, mehr auf die Bedürfnisse anderer zu hören. Ein weiterer Grund können Eltern sein, die Kinder als beste Freunde nutzen und ihnen zu viel Verantwortung in einem jungen Alter übertragen.

Innere Überzeugungen von People Pleasern

Tief in ihrem Inneren haben viele People Pleaser in ihrer Kindheit ungünstige Schlussfolgerungen aus dem Verhalten ihrer Eltern gezogen. Dinge, die sie über sich selbst annehmen, sind zum Beispiel: 

  • Andere sind wichtiger als ich
  • Ich muss mich anpassen 
  • Ich genüge nicht
  •  Ich darf keine Grenzen setzen
  • Ich darf mich nicht abgrenzen
  • Konflikt ist gefährlich
  • Ich muss es allen recht machen
  • Ich bin abhängig  
  • Ich kann niemanden enttäuschen
  •  Ich darf keine Grenzen setzen
  •  Ich bin allein

Was sind die Konsequenzen bzw. Nachteile von People Pleasing?

Nachteile für People Pleaser

Für viele People Pleaser sind die Konsequenzen, dass sie nicht authentische Beziehungen führen - denn auch, wenn ich meine eigenen Bedürfnisse zurückstelle oder nicht kenne, kann ich sie langfristig nicht auf Dauer ignorieren. Viele People Pleaser werden daher unzufrieden, trennen sich in Beziehungen zum Beispiel nach einer Zeit plötzlich, ohne dass es davor je einen Konflikt gegeben hat, sind gereizt oder passiv-aggressiv. Denn jeder Mensch wünscht sich auch Selbstbestimmung und Autonomie, und People Pleaser haben Schwierigkeiten, diese Bedürfnisse in Beziehungen einzubringen. Oft sammeln sie daher Frustration an, die dann irgendwann explodiert und zum Beispiel zu einem Beziehungsabbruch führt.

Viele People Pleaser berichten auch von Stress, Überforderung und Erschöpfung im Alltag - denn es ist sehr anstrengend, die Bedürfnisse anderer einzuschätzen, es anderen Recht zu machen und sich selbst zurückzustellen. Psychologin Stefanie Stahl berichtet außerdem, dass sich manche Menschen auch selbst als Opfer wahrnehmen, ohne zu merken, dass sie sich häufig freiwillig unterordnen. Sie berichtet auch, dass sich People Pleaser eigentlich mehr selbst schützen, als anderen mit ihrem Verhalten einen Gefallen zu tun. 

Nachteile in Beziehungen

People Pleaser nehmen andere Menschen oft als dominant und unterdrückend wahr, wenn sie ihre eigene Meinung vertreten können. Das kann Beziehungen schaden, denn eigentlich ginge es weniger darum, dass andere zu dominant sind, als dass die People Pleaser lernen können, ihre eigenen Meinung auch zu äußern und Grenzen zu setzen. Wenn Streit und Diskussion in einer Beziehung fehlt, dann führt das häufig auch zu einer schlechteren Beziehungsqualität. Denn natürlich haben People Pleaser auch Bedürfnisse, sie tun ja nur so, als hätten sie die nicht. Wenn die dauerhaft unausgesprochen bleiben, kann sich viel Groll, Vorwürfe ausbilden. Außerdem kann eine Dynamik entstehen, in der sich der/die People Pleaser klein machen und die andere Person als übertrieben stark bzw. dominant wahrgenommen wird. People Pleaser verpassen die Gelegenheit, Beziehungen so zu gestalten, dass sie davon auch ihre Bedürfnisse unterbekommen, daher berauben sie sich einer Möglichkeit, erfüllte Beziehungen zu führen. 

Konsequenzen für Freunde und Partner von People Pleasern

Oft fühlt es sich mit People Pleasern so an, als wüsste man nicht richtig, woran man bei ihnen ist - denn das Vermeiden von Konflikt liefert keine Möglichkeit, aktiv zu verstehen, was dem anderen wichtig ist und wofür er/sie steht. Daher können People Pleaser manchmal als nicht authentisch, unscharf oder gereizt wahrgenommen werden. Andere Menschen wissen daher oft nicht richtig, wie sie People Pleaser einschätzen können. Daher kann es für andere Menschen auch herausfordernd sein, mit dem harmoniestrebenden, konfliktvermeidenden Verhalten von People Pleasern umzugehen. Häufig sind People Pleaser aber auch sehr umgängliche, harmoniestrebende, nette, empathische Menschen, gerade weil sie versuchen, es allen Recht zu machen. 

Vorteile von Authentizität

Wieso Grenzen und Nein sagen wichtig sind

Ohne Grenzen können wir auf Dauer nicht auskommen, denn sie sind essentiell, um für uns selbst und unser Wohlbefinden zu sorgen. Nur, wenn wir auch Nein sagen können, hat ein “ja” auch eine Bedeutung. Natürlich haben Menschen um uns herum oft andere Wünsche und Bedürfnisse als wir. Um auch für uns einzustehen, brauchen wir daher die Fähigkeit, unsere Wünsche und Bedürfnisse vertreten zu können. 

Und nur, wenn wir auch klare Grenzen setzen und uns abgrenzen, können wir überhaupt herausfinden, welche Menschen uns gut tun und sicherstellen, dass wir uns mit diesen Menschen umgeben. Wir können dazu also gesündere, erfüllte Beziehungen gestalten, wenn wir das People Pleasing ablegen. Außerdem können wir auch mehr Freiheit, Selbstbestimmtheit und Potential-Erfüllung erleben, da wir unsere Bedürfnisse kennenlernen und zu ihnen stehen. 

Anna hat an sich gearbeitet und das People Pleasing stark reduziert. Sie traut sich jetzt, auch Nein zu sagen, wenn sie nach etwas gefragt wird. Oft ist es für sie immer noch schwer, sofort zu wissen, was sie braucht und will. Wenn jemand sie daher nach einem Treffen oder einer Entscheidung fragt, dann fragt sie oft zunächst nach einer Pause. Sie nimmt sich dann bewusst Zeit, um in sich hineinzuspüren und zu erkennen, was sie eigentlich will. Auch wenn Annas Freunde zunächst überrascht davon waren, dass Anna sich jetzt mehr Zeit für sich nimmt, so sind sie letztendlich froh über die Veränderung. Denn so wissen sie, dass Anna auch ja sagt, wenn sie ja meint, und nein sagt, wenn sie nein meint.

In 6 Schritten aus dem People Pleasing aussteigen 

Mit People Pleasing tut man letztendlich aber niemandem einen Gefallen - was kann man nun aber tun, um diese Tendenz zu verändern?

Zunächst einmal ist es super, dass du an dir und deinem Verhalten arbeiten willst - dein Veränderungswunsch ist schon der erste Schritt auf dem Weg raus aus der People Pleasing-Falle. 

1. Selbstreflektion & Achtsamkeit auf dein Verhalten lenken

Der erste Schritt, um das People Pleasing abzulegen, ist, dich zunächst selbst zu reflektieren und ganz achtsam zu beobachten. 

Beobachte daher für mindestens eine Woche die Interaktionen mit anderen oder denke an vergangene Interaktionen, und frage dich: 

  • In welchen Situationen und mit wem neige ich zum People Pleasing?
  • Wie verhalte ich mich, wenn ich mit anderen eine Entscheidung treffe/ wenn du etwas anderes willst als dein Gegenüber?
  • Wie machst du Treffen mit anderen aus?
  • Wie fühlst du dich, wenn Spannungen auftreten oder ein Konflikt ansteht?
  • Wenn du direkt ja zu etwas sagst?
  • Frage dich dann auch ehrlich: Welche Auswirkungen hat das Verhalten für dich, dein Wohlbefinden und deine Beziehungen? 

2. An der Wurzel arbeiten: Wieso bin ich People Pleaser? 

Im zweiten Schritt geht es darum, dass du dich etwas mehr mit dir selbst auseinandersetzt. Konkret bedeutet das, dass du dich fragst:

  • Wieso neige ich zum People Pleasing?
  • Wovor hast du wirklich Angst?
  • Was ist dein tiefer Wunsch?
  • Was beschützt du? 
  • Mit welchen inneren Überzeugungen kannst du dich identifizieren?

Anna findet heraus, dass sie eine große Angst davor hat, allein zu sein und dass sie sich tief in sich drin nicht wertvoll fühlt. Sie wünscht sich eigentlich sehr, von anderen akzeptiert zu werden, um sich bestätigt und wertvoll zu fühlen. Daher tut sie alles, um diese Bestätigung zu bekommen und um keinen Konflikt oder mögliche Ablehnung zu provozieren.

3. Die Wurzel bearbeiten - Selbstfürsorge

Dir bewusst Zeit für Selbstfürsorge zu nehmen, um deine Bedürfnisse und Gefühle zu erkennen, ist ein wichtiger Schritt, um aus dem People Pleasing auszusteigen. Daher darfst du dich immer wieder daran erinnern, dass es wichtig ist, dass du dich selbst priorisierst und dir Zeit für dich selbst nimmst. 

Das bedeutet, dass du bewusst an der Wurzel deines People Pleasing ansetzt und die Glaubenssätze für dich veränderst. Dafür kannst du dir die Glaubenssätze, die oben im Text stehen, nochmal durchlesen und schauen, welche Glaubenssätze sich für dich richtig anfühlen, also auf dich zutreffen. Dann kannst du im nächsten Schritt überlegen, welche alternativen Glaubenssätze hilfreicher für dich sind. Du kannst dir nun jeden Tag bewusst Zeit dafür nehmen, die positiven Glaubenssätze für dich zu verankern, indem du dir diese selbst sagst und auch ganz bewusst in deinen Körper hineinspürst.  

4. Rationalen Blickwinkel einnehmen: Wie willst du dich verhalten? Entscheidung treffen

Zudem ist es noch wichtig, dass du auch für dich selbst die Entscheidung triffst, dass du People Pleasing ablegen willst und dich verändern willst. Überlege dir also ganz genau, was deine Ziele in Beziehungen sind: Willst du zum Beispiel eine erfüllte Beziehung, in der beide ihre Bedürfnisse ausdrücken? Willst du deine Beziehungen so gestalten, dass du dich wohl fühlst? Was ist dir hier wichtig? Was sind deine Ziele? 

Anna entscheidet für sich, dass es wichtig ist, ihre Bedürfnisse mehr in ihre Beziehungen einzubringen. Denn sie möchte sich wohler fühlen und sich authentischer zeigen können. Es ist daher ihr Ziel, eine Beziehung auf Augenhöhe zu führen, in der beide ihre Wünsche ausdrücken können.  

5. Neues Verhalten einüben

Jetzt bist du an dem Schritt angekommen, an dem du dich anders verhalten darfst. Konkret bedeutet das, dass du dir überlegst: In welchen Situationen kannst du dich wie anders verhalten? Nimm dir am besten eine konkrete Situation heraus, und überlege dir Folgendes: 

  • Was würdest du normalerweise tun? Was ist dein People Pleasing Verhalten?
  • Wie willst du dich jetzt anders verhalten?
  • Was möchtest du sagen, wie möchtest du es sagen? 

Probiere gerne auch aus, Sätze zu finden, die für dich stimmig sind. Wenn es dir schwer fällt, dich in eine selbstbestimmte, abgrenzende Haltung zu versetzen, überlege dir, wie sich ein Mensch verhalten würde, den du für seine Grenzen und seine Klarheit bewunderst.

Wenn du magst, kannst du auch vor dem Spiegel oder mit guten Freunden die ausgewählte Situation einmal durchspielen, 

6. Selbstbeobachtung: Wie gut setze ich es um? 

Im letzten Schritt geht es darum, dass du dich selbst beobachtest und immer wieder die Situationen, in denen du in dein People Pleasing-Muster fällst, reflektierst und verstehst. So stellst du sicher, dass du dran bleibst und dein Verhalten langfristig veränderst. 

Zusammenfassung zu People Pleasing ablegen

Durch unter anderem achtsame Selbstbeobachtung, Selbstfürsorge, und aktive Arbeit an uns selbst können wir aus dem Muster des People-Pleasings aussteigen. Man kann lernen, es weniger von der Zustimmung von anderen abhängig zu machen, wie man das eigene Leben gestaltet. 

Dieser Weg kann ein Moment der persönlichen Transformation und Weiterentwicklung sein, weil wir uns vollständig so zeigen, wie wir sind. Oft ist es nicht einfach, aus dem People Pleasing auszusteigen, und therapeutische Hilfe ist notwendig. Suche dir also auch gerne Unterstützung, wenn du merkst, dass es dir schwer fällt, allein aus dem People Pleasing auszusteigen.

Möchtest du dein People Pleasing Muster verstehen & verändern? Dann melde dich bei mir!

Quellen: 

Stahl, S. (2020). So stärken Sie Ihr Selbstwertgefühl: damit das Leben einfach wird. Kailash Verlag.

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