Unsicherheiten in der Beziehung verstehen
Sich auch mal unsicher in der Beziehung zu fühlen, gehört zu jeder Beziehung dazu, trotzdem können diese Gedanken und Gefühle stark belasten. Daher beschäftigen wir uns in diesem Artikel damit, wie du damit gut umgehen kannst. Denn die Gefühle und Gedanken möchten dich wahrscheinlich auf etwas Wichtiges hinweisen - innere Themen von dir oder Aspekte deiner Beziehung, die es zu beachten gilt.
1. Kenne deinen Bindungsstil
Ein entscheidender Schritt ist es, deinen Bindungsstil zu kennen. Dein Bindungsstil beeinflusst, wie du deine Beziehung wahrnimmst und welche Gefühle du hast. Lese mehr dazu auch in diesem Artikel über die Bindungstypen.
Kurz zusammengefasst neigen Menschen mit dem unsicher-vermeidenden Bindungsstil dazu, sich auf Fehler zu fokussieren und Ex-Partner zu idealisieren. Dies Menschen haben ein großes Bedürfnis nach Autonomie, sie gehen schnell auf Distanz und fühlen sich schnell eingeengt. Sie haben Angst in einer Beziehung, sich selbst zu verlieren. Wenn du dich darin wiedererkennst, ist es wichtig, zu verstehen, dass du durch diese Brille deinen Partner möglicherweise in einem negativen Licht siehst. Zweifel an der Beziehung helfen dabei, Distanz zum Partner herzustellen, die unsicher-vermeidend Gebundene brauchen, um sich wohlzufühlen. Denn zu viel Nähe und Verbindung kann sich bedrohlich bzw. schnell sehr beengend anfühlen;
Menschen mit unsicher-ängstlichem Bindungsstil hingegen brauchen viel Bestätigung und Kontakt. Sie haben mehr Angst davor, den anderen zu verlieren, und sammeln daher oft unbewusst Anzeichen, die auf eine Distanz des anderen hindeuten könnten. Häufig wünschen sie sich mehr Nähe, mehr Kontakt zum Partner, um ihre Angst davor, den anderen zu verlieren, zu beruhigen. Auch durch diese Brille sehen die Menschen ihren Partner in einem negativen Licht, sie können schnell misstrauisch und einengend sein und sehr viel Nähe von ihren Partnern fordern.
Wenn du deinen Bindungsstil kennst, kannst du daran arbeiten, dich zu einem sicheren Bindungsstil hin zu entwickeln.
Lara ist sich unsicher in ihrer ersten festen Beziehung. Sie hat bisher viele vergebene Männer gedatet und ganz im Gegensatz dazu ist ihr Partner sehr beständig und stabil, aber manchmal langweilt sich Lara etwas. Sie fragt sich, ob es mit den vergebenen Männern, die sie davor gedatet hat, nicht etwas spannender war. Sie ist an das stabile Gefühl in einer festen Langzeitbeziehung nicht gewöhnt. In der Beratung besprechen wir, dass sie die Unsicherheit, die sie bisher erlebt hat, mit Liebesgefühlen verwechselt hat, dass jedoch Liebe sich langfristig stabil und sicher anfühlt. Außerdem besprechen wir den unsicher-vermeidenden Bindungsstil und die Tendenz, Fehler des Partners sowie Expartner hervorzuheben. Lara kann sich in dem Bindungsstil wiedererkennen und ist schon etwas beruhigt, dass es eine erste Erklärung für ihre Zweifel gibt.
2. Betrachte die Beziehung objektiv: Rational gesehen, wie läuft es?
“Ich kenne meine Muster, aber woher weiß ich, ob es ich bin oder die Beziehung?”
Um festzustellen, ob es dein Muster ist, dass dich an der Beziehung zweifeln lässt, oder die Beziehung wirklich nicht deine wichtigen Bedürfnisse erfüllt, kann dir die Folgende Übung helfen:
- Stelle dir vor, du müsstest ganz objektiv, von außen, deine Beziehung beurteilen. Welche Dinge laufen gut, was sind die Stärken der Beziehung? Und was ist schwierig?
- Stelle dir dann vor, du müsstest die Dinge, die gut laufen, und die Dinge, die schwierig sind, auf zwei Schalen einer Waagschale legen. Wie würde dieses Gleichgewicht aussehen? Welche Seite “wiegt” mehr? Wie schwer wiegen die positiven sowie die negativen Dinge in der Beziehung?
Wir schauen dann in der Sitzung mit Lara mit dem objektiven Blick auf ihre Beziehung: Objektiv gesehen teilt sie viele Interessen und Werte mit ihrem Partner, fühlt sich sicher und geliebt, wertgeschätzt. Beide wünschen sich eine Familie und können sich das in den nächsten Jahren vorstellen. Es stört sie allerdings, dass ihr Partner sie im Haushalt und bei organisatorischen Aufgaben so wenig unterstützt. Mit dem objektiven Blick auf die Waagschale merkt Lara, dass es viel mehr Aspekte ihrer Beziehung gibt, die in der positiven Waagschale liegen. Die Balance schlägt daher sehr ins Positive aus; wir besprechen, dass sie an den Aspekten, die sie stören, mit ihrem Partner arbeiten kann bzw. das erneute Gespräch dazu mit ihrem Partner sucht, um zu besprechen, wie sie ihre Probleme gemeinsam lösen können.
3. Wiederholst du alte Muster?
Manchmal wiederholen wir in unserer Beziehung unbewusst Muster aus der Kindheit. Diese Fragen können dir da einen ersten Eindruck verschaffen:
- Fühle ich mich mit meinem Partner ähnlich wie ich mich mit meiner Mutter/ meinem Vater gefühlt habe?
- Hat mein Partner ähnliche Eigenschaften wie meine Mutter oder mein Vater?
- Ist die Dynamik in meiner Beziehung ähnlich zu der, die ich als Kind erlebt habe?
Lucas fühlte sich von seinem Vater nie gesehen und Ernst genommen, hat immer das Gefühl bekommen, nicht zu genügen. Das ist ein Muster, das sich in seiner aktuellen Beziehung wiederholt, da seine Freundin sehr kritisch ist. Er hat sich unbewusst eine Partnerin ausgesucht, mit der er Gefühle, die er schon lange kennt, wiederholt.
4. Arbeite an den Themen, die es gibt - Beziehung ist immer Arbeit!
Wie im Beispiel mit Lara besprochen, ist es dann auch wichtig, an der Beziehung zu arbeiten. Denn es kann auch sein, dass es sowohl ein Muster in dir gibt, das zu den Zweifeln beiträgt, als auch äußere Faktoren, weshalb die Beziehung für dich nicht richtig ist. Wenn du für dich entschieden hast, dass du an der Beziehung arbeiten möchtest, ist ein Gespräch mit deinem Partner wichtig. Folgende Fragen können dabei wichtig sein:
- Bedürfnisse klären: Was fehlt dir? Was wünschst du dir?
- Plan machen: Wie könnt ihr eure Bedürfnisse in konkrete Handlungen umsetzen?
Lara hat sich mit ihrem Freund zusammengesetzt und sie haben sich darüber ausgetauscht, wie es ihnen in ihrer Beziehung geht. Max, Laras Freund möchte mehr Wertschätzung und Bestätigung von Lara bekommen, er fühlt sich manchmal nicht gesehen. Lara wünscht sich eine bessere Aufteilung der Haushaltstätigkeiten. Sie haben sich für ein wöchentliches Check-in-Meeting entschieden und die Aufgabenteilung nochmals besprochen. Beide sind optimistisch, ihre Herausforderungen gemeinsam bewältigen zu können.
5. Beziehe dein Bauchgefühl ein: Ein kreativer Test
Angelehnt an eine Übung von Datingcoach Logan Ury möchte ich dir ein Tool vorstellen, dass deine Kreativität benötigt, und dir mehr Klarheit für deine Entscheidung geben kann.
Stell dir vor, dein Partner wäre ein Gericht. Welches Gericht wäre dein Partner? Beschreibe das Gericht so ausführlich wie möglich, und lass deiner Vorstellung freien Lauf. Nimm gerne den ersten Impuls bzw. Gedanken, den du hast, und beschreibe das Gericht, das deinen Partner symbolisiert, genau.
- Freust du dich, dieses Gericht zu essen? Welche Emotionen spürst du dabei? Wie gut kennst du das Gericht schon?
- Könntest du dieses Gericht jeden Tag essen, ohne dass dir langweilig wird?
- Oder ist das Gericht ok, aber nicht sehr spannend für dich? Vielleicht isst du es, weil es eben verfügbar ist, ohne dass es dir richtig Freude bereitet. Vielleicht siehst du die Beziehung als routiniert und eingeschliffen an, ohne dass du sie noch richtig genießt.
- Ist dein Partner deine Lieblingspizza? Du freust dich darauf, Zeit mit deinem Freund zu verbringen, und genießt die Zweisamkeit? Sie bringt dir Genuss, Freude, Zufriedenheit?
- Oder ist dein Partner der gesunde Salat, den du essen solltest, den du aber eigentlich nicht wirklich magst? Stelle dir hier die Frage, ob dein Partner deinen idealen Partner entspricht, du aber eigentlich nicht wirklich glücklich bist.
- Ist dein Partner ein exotisches, asiatisches, scharfes Gericht, das dich immer wieder überrascht und immer wieder neu schmeckt? Verbindest du mit deinem Partner Aufregung, Abwechslung, Spannung, Abenteuer?
- Oder ein fades Gericht, das du schon viel zu oft gegessen hast, bei dem die Würze, das Salz, fehlt? Siehst du deinen Partner bzw. eure Beziehung als langweilig an, vielleicht streitet ihr viel, oder habt ihr euch sehr auseinander entwickelt?
- Oder ein Gericht, das nicht gesund für dich ist, wie tief frittierte Pommes, von dem du aber nicht loskommst? Dass du immer wieder isst, auch, wenn es dir eigentlich wirklich nicht gut tut? Wenn du das Gefühl hast, dass dir deine Beziehung schadet, dann könnte es sehr ungesunde Elemente in deiner Beziehung geben, und professionelle Unterstützung in Betracht zu ziehen wäre sinnvoll.
Diese Übung kann dir ein Gefühl dafür geben, wie du deinen Partner gerade siehst und was mögliche Ansatzpunkte für eine Veränderung sind. Wenn du diesen Artikel liest, ist es eher unwahrscheinlich, dass du deinen Partner wie ein exotisches, asiatisches Gericht siehst. Diese kreative Übung geht das Thema aber von einer anderen Perspektive an, die dich näher zu deinem Bauchgefühl hinführen kann.
Fazit zu Unsicher in der Beziehung
Ich hoffe, dass du durch den Blogartikel etwas mehr Klarheit bekommen hast, was deine Anteile - deine Muster, dein Bindungsstil sind, und was in der Beziehung nicht gut läuft. Das alles kann dir mehr Informationen geben, um für dich die nächsten Schritte zu gehen.
Wenn du nach diesem Artikel immer noch viele Unsicherheiten und Zweifel hast, was du tun kannst, kann Beratung dich auch dabei unterstützen, Klarheit zu finden.