Binationale Paare - was bedeutet das?

Wenn sich zwei Menschen ineinander verlieben, kann das eine der schönsten Erfahrungen sein, die es gibt. Allerdings kann es auch herausfordernd sein, eine Beziehung aufrechtzuerhalten, insbesondere wenn es sich um ein binationales Paar handelt.

In der heutigen globalisierten Welt gibt es immer mehr Paare, deren Partner aus verschiedenen Ländern kommen. In Deutschland beispielsweise leben 1,5 Millionen binationale Paare, das sind 7% aller Paare, und zudem sind 11,9% aller Ehen binational [6,7]. Ein beachtlicher Teil aller Paare in Deutschland besteht also aus Paaren, die nicht aus demselben Kulturkreis und Land kommen. 

In diesem Blogartikel werden wir uns mit den spezifischen Herausforderungen beschäftigen, die binationale Paare bewältigen müssen. Zudem möchte ich einige Tipps teilen, um eine erfolgreiche Beziehung aufzubauen. Ich möchte mit euch zudem Geschichten von binationalen Paaren teilen, die ihre Lösungen gefunden haben, um mit den Herausforderungen umzugehen. Wenn du also in einer binationalen Beziehung bist oder einfach nur neugierig auf dieses Thema bist, dann bist du hier genau richtig! 

Was sind mögliche Herausforderungen für binationale Paare?

Die spezifischen Herausforderungen, mit denen binationale Paare konfrontiert sind, sind anders als für Paare, die aus dem gleichen Land kommen. Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch viele Wege, damit erfolgreich umzugehen, wie auch die Forschung zeigen konnte. Eine gute Nachricht möchte ich gleich verkünden:

"Die Forschung hat herausgefunden, dass binationale Paare genauso glücklich sind wie Paare, die aus derselben Kultur oder demselben Land kommen. Die Nationalität des Partners oder kulturelle Unterschiede spielen demnach keine Rolle für die Zufriedenheit mit der Beziehung [1]. 

Herausforderungen binationaler Paare

Ich möchte dir ein paar der häufigen Probleme vorstellen, die Paare bei mir in der Beratung mitbringen. Wichtig ist dabei, dass jedes Paar anders ist, daher treffen sicherlich nicht alle Situationen auf alle Paare zu.

1. Sprachbarriere (zur Familie des Partners, Wörter Bedeutung)

Sprachbarrieren können auf verschiedene Art und Weise zur Schwierigkeit für Paare werden. Ein Bereich, in dem die Sprachbarriere zu Schwierigkeiten führen kann, ist zwischen den Partnern selbst. 

Beispiel: Anna und Jose sind seit 2 Jahren ein Paar. Anna ist aus Frankreich, Jose aus Spanien. Als gemeinsame Sprache sprechen sie hauptsächlich englisch, das beide recht gut beherrschen. Jose spricht zudem auch Französisch mit einigen Grundkenntnissen. Auch, wenn beide gut Englisch sprechen, merken sie bei komplexeren Themen manchmal, dass ihnen Wörter fehlen. Als sie Joses Familie besucht haben, musste Jose als Übersetzer fungieren. 

In dem Beispiel von Jose und Anna wird deutlich, dass die Sprachbarriere weniger ein Problem ist, wenn beide Partner eine gemeinsame Sprache gut beherrschen. Die Sprachbarriere kann jedoch auch in Bezug auf die Familie des Partners auftreten, wie bei Anna und Joses Familie. 

Ein weiterer Bereich, in dem die Sprachbarriere zum Problem werden kann, ist beim Verständnis von Bedeutungen von Wörtern oder Ausdrücken. Ein Wort oder ein Ausdruck, der in einer Kultur als positiv oder neutral angesehen wird, kann in einer anderen Kultur als beleidigend oder negativ angesehen werden. Aber auch, wenn einer der Partner in einer Sprache kommuniziert, die nicht die eigene Muttersprache ist, kann es sein, dass die Bedeutung von Wörtern anders erlernt wird. 

2. Weniger Familienanbindung vor Ort

Oft hat mindestens ein Partner aus binationalen Beziehungen die eigene Familie nicht vor Ort. Das kann aus verschiedenen Gründen zu Schwierigkeiten führen. Der Partner ohne Familienanbindung kann die Familie vermissen, sich entwurzelt oder isoliert fühlen. Auch, wenn das Paar Kinder hat und weniger Familie da ist, kann die Familie bei der Kinderbetreuung sehr fehlen. 

Alex ist aus den USA und Sonja aus Finnland. Beide leben gemeinsam in den USA, sie haben sich bei einem Auslandssemester von Sonja in den USA kennengelernt. Auch wenn beide in den USA zufrieden sind, vermisst Sonja manchmal ihre Familie aus Finnland. Sie würde gerne mehr Zeit mit ihrer Nichte verbringen, und ihr fehlt es, zu Familienfesten regelmäßig in der Heimat zu sein. 

3. Abhängigkeiten (Visa, Hilfe bei Dokumenten, finanziell/Nicht anerkannter Abschluss, etc.)

In binationalen Beziehungen gibt es manchmal auch Abhängigkeiten, die die Paare erleben. Einerseits kann das zum Beispiel administrative Dinge beinhalten: Wenn zum Beispiel das Aufenthaltsrecht bzw. Visum an den Partner geknüpft ist, oder nur durch eine Eheschließung der Partner auch dauerhaft im Land eines Partners leben kann. Aber auch auf kleinerer Ebene können binationale Paare Abhängigkeiten erleben: Wenn beide im Land eines Partners leben, könnte dieser so vor allem für administrative Tätigkeiten wie Steuererklärungen, etc. verantwortlich sein. Für manche Paare kommt auch eine finanzielle Abhängigkeit ins Spiel, gerade, wenn ein Abschluss in einem Land nicht anerkannt wird, oder das Paar aufgrund einer beruflichen Chance in ein Land zieht, in dem der Abschluss des anderen nicht anerkannt ist.

4. Kulturelle Unterschiede

Eine weitere Hürde für binationale Paare kann die Bedeutung von Geschlechterrollen und -erwartungen werden. Zum Beispiel kann in manchen Kulturen von Frauen erwartet werden, dass sie sich um den Haushalt und die Kinder kümmern, während Männer die finanzielle Verantwortung tragen. In anderen Kulturen können die Geschlechterrollen weniger klar definiert sein oder es können sich verschiedene Vorstellungen von Gleichberechtigung und Partnerschaftlichkeit durchsetzen [4]. Auch bei Freizeitaktivitäten können sich kulturelle Unterschiede einschleichen, die binationale Paare oft mit Herausforderungen konfrontieren. Zum Beispiel können unterschiedliche Freizeitinteressen oder -gewohnheiten zu Konflikten führen und die Beziehung belasten  [5].

5. Fernbeziehung/ örtliche Distanz möglich

Manche binationale Paare leben auch in einer Fernbeziehung, oder haben zumindest Phasen, in denen jeder Partner in einem anderen Land lebt. Dies kann eine zusätzliche Herausforderung für die Beziehung sein, weil die Distanz oft zusätzliche Konflikte kreiert und die fehlende körperliche Nähe nicht hilft, die Verbindung besser herzustellen. 

binationale Paare

Wie können binationale Paare diesen Herausforderungen begegnen?

Sehr wichtige, allgemeine Fähigkeiten, um mit Herausforderungen von binationalen Paaren umzugehen, sind offene Kommunikation, Empathie und das Verständnis für kulturelle Unterschiede [1,2,3,5]. Kommunikation ist zwar für jedes Paar sehr wichtig, wird aber bei binationalen Paaren nochmal wichtiger. Möchtest du mehr über diese Themen lernen? Dann lese hierzu auch gerne die Blogposts zum Thema Kommunikation und Empathie entwickeln. 

Es gibt aber auch spezifische Lösungen, wie Paare mit den einzelnen Herausforderungen umgehen können. 

1. Sprachbarriere: Sprache des anderen Partners lernen/Interesse für die Sprache haben

Als erster Schritt ist ein Bewusstsein für die Unterschiede zwischen beiden Partnern, bezogen auf die Sprache, wichtig. Ein Interesse für die Muttersprache des anderen zu haben, kann dabei helfen, ein besseres Verständnis für die Kultur und Lebenswelt des Partners zu bekommen. Zudem haben Forscher auch herausgefunden, dass das Erlernen einer neuen Sprache, egal, ob es die Muttersprache eines Partners ist, oder die Erkundung einer neuen Kultur die Beziehung bereichern und das Gefühl der Zusammengehörigkeit stärken [1].

Das Paar Anna & Jose hat die Schwierigkeit, dass Anna sich nicht mit Joses Familie verständigen kann. Gerade investiert Anna Zeit & Energie in das Spanisch lernen, und bis zum nächsten Besuch möchte sie dran bleiben, um sich direkt mit der Familie unterhalten zu können. 

2. Weniger Familienanbindung: Kontakt zur Familie aufrecht erhalten

Je nachdem, wie eng die Beziehung zur Familie ist und wie weit weg davon das Paar lebt, sind (regelmäßige) Besuche bei der Familie für viele Paare wichtig. Bei manchen Paaren werden auch die Urlaube hauptsächlich so gelegt, dass Zeit im Land der anderen Familie verbracht werden kann. Sehr wichtig kann auch die Unterstützung füreinander sein: So ist es zum Beispiel wichtig, Gefühle, die mit der Distanz zur Familie einhergehen, bewusst zu thematisieren und zu akzeptieren. Es ist schließlich ganz normal, seine Familie zu vermissen, wenn man ganz woanders lebt. Hilfreich kann für Paare dann sein, dass der Partner unterstützend da ist.

Sonja und Alex fliegen zu wichtigen Festen, wie Weihnachten oder Geburtstagen, einmal im Jahr nach Finnland. Außerdem hat Sonja regelmäßige Video-Calls mit ihrer kleinen Nichte und ihrer Familie, um regelmäßig in Kontakt zu bleiben. Wenn Sonja traurig ist, weil sie ihre Familie vermisst, spricht sie darüber mit Alex und trifft sich häufiger mit ihren Freunden vor Ort. 

3. Abhängigkeiten: Kommunikation & Kompromisse finden

Mit den Abhängigkeiten, die in binationalen Beziehungen entstehen, können Paare vor allem mit offener Kommunikation begegnen. Darüber zu sprechen, was die jeweiligen Rollen für die Partner bedeuten, und wie es ihnen mit der größeren Verantwortung bzw. Abhängigkeit geht, ist für Paare sehr wichtig. Mehr Tipps für eine effektive Kommunikation findest du auch in diesem Blogartikel.

Zusätzlich können Paare dann auch an Kompromissen arbeiten: Es ist sehr wichtig, dass sich beide auch in der Beziehung mit der Verteilung ihrer Rollen wohl fühlen. Mehr Tipps dazu, wie du Kompromisse eingehen kannst, die auch für dich gut sind, findest du in diesem Blogartikel.

4. Kulturelle Unterschiede: Paarkultur entwickeln

Paaren kann es sehr viel helfen, wenn sie Interesse für die Kultur des anderen zeigen, sowie viel über die Kultur zu sprechen. Manche Paare integrieren auch eigene Feste sowie Rituale. Das können zum Beispiel Rituale oder Feste aus dem Herkunftsland sein, die gemeinsam mit Freunden oder dem Partner gefeiert werden. Gemeinsam die jeweiligen Herkunftsländer zu besuchen, hilft außerdem dabei, ein besseres Verständnis für den kulturellen Hintergrund des anderen zu bekommen. Ebenfalls wichtige Komponenten für eine zufriedene Beziehung für binationale Paare sind eine positive Einstellung zur Interkulturalität und eine starke kulturelle Identität. [2]

Eine weitere Studie hat sich mit der Herausforderung der kulturellen Unterschiede binationaler Paare beschäftigt und gezeigt, dass es wichtig für die Zufriedenheit in der Beziehung ist, dass Paare miteinander über ihre Erwartungen und Vorstellungen von Geschlechterrollen sprechen und gemeinsam entscheiden, welche Rollen in ihrer Beziehung am besten funktionieren. Wichtig dabei ist aber, dass kulturelle Praktiken und Traditionen, die die Geschlechterrollen beeinflussen, nicht einfach abgewertet werden sollten. Stattdessen sollten Paare lernen, einander zu respektieren und zu akzeptieren, unabhängig von kulturellen Unterschieden und Erwartungen [4].

5. Fernbeziehung: Rituale/Dates schaffen

Um mit der Herausforderung der Fernbeziehung umzugehen, können binationale Paare bewusst einen Fokus auf gemeinsame Zeit legen und kreativ sein. Dies können sie zum Beispiel mit einem Filmabend oder Koch-Date, bei dem sie gleichzeitig das gleiche Rezept zubereiten oder das gleiche Gericht kochen. Zudem können gemeinsame Urlaube oder Besuche im Land des anderen geplant werden. Wichtig ist es zudem, über die Kommunikation zu sprechen und darüber zu sprechen, was für beide Partner wichtig ist und gut passt. Denn besonders wenn eine Zeitverschiebung hinzu kommt, können klare Regeln oder Richtlinien hier für Paare hilfreich sein. 

Was hilft binationalen Paaren außerdem?

Zu den genannten Ideen und Tipps ist auch die Unterstützung durch Familie und Freunde sowie professionelle Hilfe durch einen Therapeuten oder Berater sehr hilfreich [1,2,3].

Eine weitere Möglichkeit, die Beziehung von binationalen Paaren zu stärken, ist ein Fokus auf gemeinsame Freizeitaktivitäten. Im Gespräch sind dabei gegenseitige Offenheit und eine offene Kommunikation wichtig. Eine Studie zeigt, dass die Freizeitgestaltung einen positiven Einfluss auf die Beziehungszufriedenheit haben kann. Denn wenn Paare Freizeitaktivitäten gemeinsam genießen, kann dies das Gefühl von Zusammengehörigkeit und Verbundenheit stärken. [5]

Fazit zu binationalen Paaren

Zusammengefasst gibt es manche Herausforderungen, die binationale Paare besonders betreffen. Daher ist es wichtig, sich bewusst damit auseinanderzusetzen, wie ihr mit diesen Herausforderungen umgehen könnt. Mit diesen Tipps hast du eine erste Idee bekommen, wie du die Schwierigkeiten binationaler Paare überwinden kannst.

Suchst du nach Paarberatung, und bist in einer binationalen Beziehung? Dann bist du hier genau richtig! 

Dieser Beitrag ist in Zusammenarbeit mit Anna-Maria Hebestreit entstanden.

Quellen

[1] Van Mol, C., & de Valk, H. A. (2016). Relationship satisfaction of European binational couples in the Netherlands. International Journal of Intercultural Relations, 50, 50-59.

[2] Novara, C., Serio, C., Lavanco, G., Schirinzi, M., & Moscato, G. (2020). Identity, couple and intergroup dynamics in intercultural families: Implications on life satisfaction of partners. Family process, 59(2), 709-724.

[3] Bustamante, R. M., Nelson, J. A., Henriksen Jr, R. C., & Monakes, S. (2011). Intercultural couples: Coping with culture-related stressors. The Family Journal, 19(2), 154-164.

[4]Kellner, J. (2009). Gender perspective in cross-cultural couples. Clinical Social Work Journal, 37(3), 224-229.

[5] Sharaievska, I., Kim, J., & Stodolska, M. (2013). Leisure and marital satisfaction in intercultural marriages. Journal of Leisure Research, 45(4), 445-465.

[6] Zahl der Woche 1,5 Millionen deutsch-ausländische Paare, Statistisches Bundesamt 2018. In https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2018/PD18_36_p002.html

[7] Eheschließungen zwischen Deutschen und Ausländern, Statistisches Bundesamt 2022. In https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Bevoelkerung/Eheschliessungen-Ehescheidungen-Lebenspartnerschaften/Tabellen/eheschliessungen-deutsch-auslaender.html

{"email":"Email address invalid","url":"Website address invalid","required":"Required field missing"}
>